wie jeden tag stehen wir früh auf, wir frühstücken, der liebste steigt gegen 6:30 aufs rad und fährt zur arbeit. ich trinke noch etwas kaffee und lese in der sonntagszeitung. dann tag 20 des yoga-programms. noch im yogadress auf der matte sitzend lese ich im internet und schaue nach den aktuellen zahlen. mein favorit ist mittlerweile der seit 4. märz immer wieder, oft stündlich, aktualisierte artikel "alle bestätigten fälle auf einer karte" in der zeit. ich bin zum corona-newsjunkie geworden, auch wenn das für mich persönlich natürlich eigentlich nichts bringt. mir kommen bilder aus filmen in den sinn, in denen kinder mit spielzeugsoldaten den frontverlauf im krieg nachstellen und immer wieder aktualisieren. irgendwie will man wohl selbst miterleben, was global passiert.
ich sitze noch auf der turnmatte als j. anruft. wir tauschen uns über den aktuellen stand seines home office, prepper, sinnvollere und relevantere berufe und jobs und darüber aus, ob jetzt nicht mal eine ansprache der kanzlerin an die bevölkerung dran wäre (er: ja, dringend, die leute müssen aufgerüttelt und informiert werden ich: die infos sind doch überall, wer will, kann alles wissen, rüttelrede bringt nichts).
als ich aus der dusche komme, wird im radio eine abendliche ansprache der kanzlerin angekündigt. j. hat entweder hellseherische fähigkeiten oder einfach ein gutes bauchgefühl (ja, hat er definitiv).
ich wurschtele in der wohnung herum und bin eine weile am schreibtisch. gegen halb eins gehe ich los zu s. um meinen vorerst letzten leibhaftigen sozialkontakt just for pleasure wahrzunehmen. wir sind schon ewig zum inder verabredet und haben beschlossen, das nun noch durchzuziehen - der inder hat tische draußen mit viel abstand und wir gönnen den netten wirtsleuten auch einfach noch den umsatz. als wir ankommen, sind alle tische vor dem haus frei, innen ist es auch leer. während wir essen, füllen sich weitere tische. wir sitzen im schachbrett, jeder zweite tisch bleibt frei. es ist so herrlich in der sonne, dass wir bis halb vier sitzen bleiben und tee trinken. s. erzählt mir, dass die kursdatenbank der vhs wieder online ist. wir schmieden pläne für fortbildungen und andere kurse, die wir gerne besuchen würden, glauben aber nicht dran, dass die in nächster zeit so stattfinden werden.
den rückweg nehmen wir durch den volkspark, vorbei an den blühenden mandelbäumen auf der wilmersdorfer seite. im park ist viel los. mit luftigem gesprächsabstand flanierende zweiergruppen wie wir, mütter mit kinderwagen, einzelne jogger, aber auch sehr viele jugendliche auf picknickdecken im engen kontakt. wenn das so bleibt, ist die ausgangssperre in der nächsten woche absehbar. unterwegs treffe ich h. er ist trotz offensichtlicher risikogruppe draußen unterwegs und will gerne mit mir kaffeetrinken gehen. das hatten wir eigentlich für diese woche ausgemacht. ich bin unentschlossen, weil ich weiß, wie sehr er nach kontakt lechzt und wie wenig optimistisch er generell auf sein längerfristiges überleben blickt, gleichzeitig wäre es fatal, wenn er sich ausgerechnet jetzt infizieren würde. ich wiegele erstmal ab und gehe nach hause.
ich bereite ein red cabbage slaw nach einem rezept von nigel slater (aus "tender", s. 107) vor, der liebste kehrt zurück und ich gehe in den hof, wasche mein fahrrad und mache das schloss wieder gängig. dann wäsche zusammenlegen, hier türmt es sich, und nochmal eine weile schreibtisch. später rolle ich burger aus dem hackfleisch der stolzen kühe, dazu gibt es den slaw (sehr leckeres rezept, das wird ins repertoire aufgenommen).
ich schaue mir die rede der kanzlerin an, während der liebste pomeranziert. es erinnert mich an the queens speech an weihnachten. vermutlich sind sich beide letztlich ähnlicher als man so denken könnte. die rede ist gut gemacht, unaufgeregt, passt zu ihr. einen emotionalen auftritt und kriegsmetaphern hätte ich ihr nicht abgenommen. ob es was bringt? vielleicht bei den uneinsichtigen unter den senioren. die corona-party-generation erreicht das wohl eher nicht.
sehr satt und müde fallen wir kurz nach zehn ins bett.
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