Mittwoch, 22. Februar 2023

Neue Nationalgalerie, Berlin: Monica Bonvicini. I do You.

* einen besuch wert

im detail:

**einführung:
ich stehe erstmal ein wenig herum, rechts hinter der eingangstür ist eine öffentliche wärmestube des berliner wärmenetzwerks eingerichtet. es gibt theoretisch kostenlosen tee. vermutlich weil gerade erst eröffnet, gibt es allerdings jetzt noch keinen tee. ich gehe weiter in den raum und muss unterwegs meine karte vorzeigen. dann entdecke ich auf einem tresen saalzettel auf einem abreissblock - das a3-blatt beginnt mit einer knappen einführung. 

**benutzerführung:
im raum: keine. besucher*innen können sich in der glashalle bewegen wie fische im aquarium oder wie billardkugeln, mal hierhin angezogen und dann wieder dorthin irrend. der saalzettel hilft auch hier: abbildungen und erläuterungen zu allen gezeigten installationen. 

**aufstellung/hängung:
sehr clever. die installation "Upper Floor", bestehend u.a. aus einer fast raumbreiten nahtlosen spiegelwand teilt die fläche etwa mittig. für mich war das erstmal gar nicht sichtbar, so ebenmäßig spiegelte die wand die eingangsfensterfront wieder. zwei damen, die meine mutter hätten sein können, fotografierten selfies von der wand. nur dadurch fiel mir der spiegeleffekt überhaupt auf. die spiegelwand ist die langsseite eines podestes, um das herum und auf dem sich die einzelnen werke befinden. spontan erinnert mich das alles an marina abramovic, allerdings mit stärkerem fokus auf architektur und deren vergänglichkeit (2 Tonnen Alte Nationalgalerie, matte scheiben aus der alten neuen nationalgalerie auf der rückseite des podests). mindestens 30 minuten lang angekettete museumsbesucher sind leider nur dreimal pro woche hinter den neuen scheiben zu sehen. 

**umfang:
glashalle der neuen nationalgalerie. in 30-45 minuten zu erleben. 

**inhalte:
arhitektur und mensch, architektur und frau, beschränkung und freiheit, hommage an das museumsgebäude von mies van der rohe. 

**hintergründe:
einzelausstellung einer berliner künstlerin in der frisch renovierten neuen nationalgalerie. 

**architektur:
ja. sehr. 

**extras:
saalzettel in xl 

**website: https://www.smb.museum/ausstellungen/detail/monica-bonvicini/

**fazit: sehr schöne feier der architektur der neuen nationalgalerie, überraschende aussichten aus dem gebäude heraus. das thema mann-frau fand ich eher aufgesetzt. trotzdem schöner prolog um dann ins untergeschoss einzutauchen.

Montag, 6. Februar 2023

Was machst du eigentlich den ganzen Tag - 5. Februar 2023

Es ist wieder der 5. des Monats und Frau Brüllen sammelt Tagebuchblogbeiträge. 

Kurz nach sieben wache ich auf und bin richtig wach. Um den Liebsten nicht zu stören, stehe ich auf, hole das Handy und lese weiter in den The Crown-Recaps auf vulture.com, konkret die 2. Staffel. Die Autorin stört sich sehr daran, dass die Persönlichkeit der Queen nicht stärker ausgeleuchtet wird und intensivere Auseinandersetzung mit - aus Sicht der Autorin - Nebenfigurgen stattfindet. Ich denke da wird einerseits sehr gut über die Bande gespielt und durch die "Nebenfiguren" erfahre ich auch viel über die Krone (und über Elizabeth), andererseits gibt es einfach mehr öffentlich zugängliches Material über die anderen Personen im Kronenuniversum und schließlich ist das keine Serie über die Queen sondern über die Krone (und das was dieses mysteriöse Konzept mit einer Familie und einem Land im 20. Jahrhundert so anrichtet). 

Gegen acht setze ich Kaffee auf. Der Liebste wacht auch auf und holt irgendwann den frischen Kaffee ans Bett. Wir lesen bis gegen halb zehn. Ich heize den Backofen an und lasse das Warmwasser laufen, bis es warm genug ist für die (Nasen- und normale) Dusche. Immernoch ziemlich verschnupft, aber es wird. Frisch geduscht ziehe ich mich an, lege die Aufbackbrötchen in den Backofen, decke den Tisch. Wir frühstücken. Danaben läuft der Gottesdienst im Deutschlandfunk. Nachdem wir die ersten Minuten verpasst haben, rate ich katholischer Gottesdienst. Der Priester versucht sich in einer Dialogpredigt. Fragt nach Pizzavorlieben der Gemeinde und singt das Pippi-Langstrumpf-Lied. Er tut mir irgendwie leid. 

Nach dem Frühstück starte ich eine runde Wäsche im neuen Ökoprogramm, das 3:39 dauert und damit rechtzeitig fertig werden wird, bis wir los müssen. Im Flur stehen schon wieder Kartons. Ich baue Bügelbrett und Youtube auf, lege die Wäsche der letzten Woche zusammen und sehe dabei Great British Menu. Irgendwann kommt der Liebste rein: der Strom ist ausgefallen. Nach ein paar Minuten ist dann auch der Puffer meines Internetstreams leer: kein WLAN ohne Strom. Heizungssteuerung, Waschmaschine, alles aus. Der Liebste checkt die Sicherungen (alle drin) und die Ampel vor dem Haus (noch an). Ich gehe ein Stockwerk tiefer: A. und Z. haben auch keinen Strom. A ist endlich wieder da. Sie zeigt mit ein Handyphoto von sich und "dem Mann für den sie gearbeitet hat". Ich mache Komplimente für ihr professionelles und chices Aussehen. Leider erkenne ich nicht, dass es sich um den israelischen Ministerpräsidenten handelt. Meine inneren Bilder von Netanjahu sind irgendwie großartiger als der zierliche zurückhaltend lächelnde Mensch neben der strahlenden A auf dem Photo. Der Liebste kommt dazu: die Website der Netzgesellschaft kündigt an, dass der großflächige Stromausfall in unserem Stadtteil bis 15:30 behoben sein wird. Z. verwickelt uns in ein Gespräch über seine Abnehmmethoden. Ich bin genervt und versuche, das auch zu zeigen. Hält ihn nicht ab. Trotzdem kommen wir dann irgendwann dort weg. 

Ich schalte mein Handy auf Stromsparbetrieb und lese noch etwas weiter in den Crown-Recaps. Kurz vor drei ist der Strom wieder da. Ich ziehe ich mich um, wir brechen auf Richtung S-Bahn und warten eine gefühlte Ewigkeit auf den S-Bahn-Ersatzbus. Während der Fahrt recherchiere ich nochmal, welche Haltestelle die nächste zur Oper ist, dennn mittlerweile sind wir etwas zeitknapp. Wir springen an der Wilhelmstraße aus dem Bus und gehen zügigen Schrittes hinter der russischen Botschaft zur Komischen Oper und dort direkt in den Rang und unsere Loge. Wir haben perfekte Zuspät-komm-Plätze: Zwei Sessel in einer Minireihe die nur aus zwei Sesseln besteht. Wegen verschnupft setzen wir beide OP-Masken auf, wie schätzungsweise 5% der Anwesenden (darunter auch einige mit FFP2). 

La Cage aux Folles ist eine Augenweide. Gesanglich ist es mir teilweise zu Musical in Klangfarbe, Betonung und Dynamik, teilweise aber auch wirklich berührend. Das Orchester ist durchgängig großartig. Ich habe von meinem Platz direkte Sicht auf den Schlagzeuger - großes Ballett, was er da macht. In der Pause gehen wir nach oben und trinken passend zum Stück einen Sekt. Ich bin sehr angerührt von dem Publikum. Etwa zu gleichen Teilen vom Typ Wilmersdorfer Witwe (Federboa! in pink!), Schöneberger Studienrat und schwule Haute Volée. Darunter viele ältere Paare für die das Stück eine Hymne sein muss. Wir rätseln, ob die Tänzer eigentlich durchweg Männer waren oder nicht. Einige sehen definitiv so aus, einige definitv nicht, bei einigen sind wir definitiv nicht sicher. Die zweite Hälfte ist wie bei Rusalka dichter und prägnanter als die erste. Oder alle sind jetzt warmgelaufen. Viel Szenenapplaus, standing ovations und Glitterkanonen ins Publikum am Ende. Hach! 

Wir sind vergleichweise schnell an der Garderobe und sind diesmal so schlau vor dem Mantelholen bei der Sawade-Süßigkeiten zuzugreifen. Draußen ist es eisig. Der Liebste telefoniert mit seiner Mutter, die uns die Opernkarten zu Weihnachten geschenkt hat, wir bedanken uns für den schönen Abend. Wir schlendern wieder an den Russen vorbei und zur Pekingente. Heute ist nicht Neujahr und es ist deutlich leerer. Es gibt noch eine Pekingente im Ofen und wir genießen das Gericht "with all the trimmings", sehr köstlich und besonders. Dazu heißen Ingwer-Zitronen-Tee. Praktischerweise beginnt unsere Buslinie direkt vor der Pekingente und wir können nach wenig (kaltem) Warten einsteigen und direkt nach Hause fahren. Zuhause lasse ich mir eine Wärmflasche machen, setze noch Brotteig an und verziehe mich ins Bett. Ich sehe die mittags unterbrochene Kochsendung zuende. Der Liebste kommt dazu. Wir hören noch Radio und ich schlafe bald ein. 

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