1. Soziale Ungleichheit und
Differenz sind nicht dasselbe. Macht- und Herrschaftsverhältnisse
spielen dabei eine Rolle. Der Umgang damit kann bedeuten, Gleichheit
anzustreben, Differenz wertzuschätzen oder vorhandene Kategorien zu
dekonstruieren.
2. Relevante Dimensionen sind die soziale Herkunft, Migration, Geschlecht und Behinderung.
3.
Die soziologische Theorie von Pierre Bourdieu ist hilfreich, um
"verborgene Mechanismen der Macht" (zit nach SB, LE 2, S. 101) zu
untersuchen. Als Werkzeuge bieten sich dessen Kapitaltheorie und sein
Konzept des sozialen Raums mit den darin erkennbaren Habitus an.
4.
Die von Harold Garfinkel beschriebene Ethnomethodologie ist die
soziologische Betrachtung von Alltagshandeln und -wissen, das Menschen
in der Interaktion wechselseitig von einander erwarten und das dadurch
soziale Ordnung herstellt.
5.
Die Systemtheorie nach Niklas Luhmann geht davon aus, dass Routinen und
Strukturen ein Eigenleben führen das auf Selbsterhaltung gerichtet ist.
Systeme sind geschlossen, arbeiten mit ihren eigenen Logiken und
existieren im Kontext einer bestimmten Umwelt. Irritation von außen
bewirkt, dass sich ein System neu organisiert.
1. Bildungswissenschaft als Wissenschaft entstand in dem Moment,
als Wissenschaftler begannen, die Geschichte der Erziehung systematisch
darzustellen.
2. Im 5. Jh. v Chr. erfordern die neu entstandenen griechischen
Demokratien die Fähigkeit, in einen öffentlichen Diskurs über
Angelegenheiten der Verwaltung und Staatsführung einzutreten. Da es sich
nicht um parlamentarische oder anders repräsentative Demokatien handelt,
muss jeder Staatsbürger seine Interessen selbst gegenüber den anderen
Staatsbürgern vertreten und Mehrheiten suchen. Dafür sind Kenntnisse in
Rhetorik erforderlich (nach Meinung der Sophisten) , eine Ausbildung in
Philospohie als höchster Tugend (nach Auffassung von Sokrates und
Platon) oder eine Kombination aus Rhetorik und allgemeiner Bildung
(Isokrates).
3. Im 17. und 18. Jh. machen rationales Denken und emanzipatorisches
Interesse das pädagogische Programm der Aufklärung aus. Ziel der
Erziehung ist einerseits, sich von Unwissen und Aberglauben zu befreien,
andererseits, selbst zu denken und ein eigenes Urteil zu entwickeln. Um
individuelles und allgemeines Glück zu erreichen, müssen Zöglinge ein
tugendhaftes Leben erlernen (Locke), ihre grundsätzlich guten Anlagen
vervollkommen und von negativen Einflüssen reinhalten (Rousseau) oder
durch selbständiges Denken zu moralischen Urteilen gelangen können
(Kant).Die philantropische Bewegung entwickelte aus diesen Ideen
konkrete pädagogische Konzepte und setzte diese auch praktisch um.
4. Der ab Ende des 18. Jh. entstandene Neuhumanismus wandte sich gegen
die Nützlichkeitsüberlegungen der Aufklärung und dem Menschen und seiner
individuellen Entfaltung zu. Dazu sollten die alten Sprachen und
antike Literatur studiert werden. Je nach Neigung sollten die Zöglinge
sich dann weiter mit Sprache oder Mathematik auseinandersetzen. Es
entstand ein staatliches SchulIwesen, das zumindest formal diesem Ideal
verpflichtet war. Dabei ging es um Bildung als Selbstweck, eine
allgemeine, nicht berufsbildende Bildung (v. Humboldt) um kritische
Auseinandersetzung mit Ausbildungsinhalten und die Vereinigung von
Individualisierung und Sozialisation (Schleiermacher).
5. Um 1900 stellen Pädagogen aus unterschiedlichen Bewegungen fest, dass
die entstandenen Volks- und Elementarschulen in ihrem Bildungsauftrag
stark eingeschränkt sind, die Gymnasien dagegen mit überbordender und
die Schüler überfordernder Stofffülle das andere Extrem darstellen. Sie
fordern in unterschiedlicher Ausprägung Reformen der kulturellen und
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, der Struktur und Inhalte an den
Schulen selbst, die Durchführung von emprischer Forschung und generell
eine Erziehung, die das Kind zum Ausgangspunkt nimmt. In ihren
Überlegungen und Ansätzen nehmen die Reformpädagogen teilweise das
Gedankengut und erzieherische Mittel, die während der NS-Zeit propagiert
werden, vorweg.
6. Während der NS-Zeit kommt es zur Installation eines außerschulischen
Erziehungssystems, das, zusammen mit den staatlichen Schulen, die von
der Regierung propagierten Erziehungsziele umfassend und flächendeckend
umsetzt. Dazu zählen die Annahme einer Hierarchie angeblicher Rassen,
die Bevorzugung körperlicher Ertüchtigung gegenüber geistiger Bildung,
die Vermittlung soldatischer Tugenden und ein generelles Misstrauen
gegenüber Wissenschaft und intellektueller Betätigung. Die
Erziehungswissenschaft wie auch die akademisch ausgebildete Lehrerschaft
werden stark ausgedünnt. Einige der nationalsozialistisch geprägten
Erziehungswissenschaftler wirken auch nach 1945, in teilweiser Abkehr von
dem NS-Gedankengut, weiter als Professoren.
7. 1945 endet diese Geschichte des pädagogischen Denkens, an dieser
Stelle kann ich nur mutmaßen, ob die Geschichte nach 1945 schlicht noch
als gegenwärtig angesehen wird, oder ob diese in einer der weiteren
Lerneinheiten thematisiert wird.
1. Zunächst wird in einer Einführung erläutert, weshalb es
gerechtfertigt erscheint, sich in der Bildungswissenschaft weiter mit
Sozialisationsforschung zu befassen, auch wenn die Soziologie, aus der
der Begriff Sozialisation ursprünglich stammt, sich mittlerweile von der
Sozialisation als Forschungsgegenstand ab- und der Soziologie der
Kindheit zugewandt hat.
2. Die von Geulen/Hurrelmann gefasste
Definition von Sozialisation als "Prozeß der Entstehung und Entwicklung
der Persönlichkeit in wechselseitiger Abhängigkeit von der
gesellschaftlich vermittelten sozialen und materiellen Umwelt", bei dem
es vorrangig darum gehe, "wie sich der Mensch zu einem gesellschaftlich
handlungsfähigen Subjekt bildet" (Geulen/Hurrelmann 1980, S. 51 zit.
nach LE 1 S. 17), wird als die allgemein akzeptierte Definition
vorgestellt.
3. Sozialisation verläuft auf verschiedenen Ebenen
der Gesellschaft. Ausgehend von dem Subjekt selbst, ziehen die weiteren
Ebenen immer weitere Kreise um das Individuum: zunächst die Interaktion
mit Familie, Freunden, Verwandten, dann innerhalb von Institutionen wie
Betriebe, Schulen, Kirche, Medien und zuletzt der Gesamtgesellschaft.
4. Sozialisation verläuft in verschiedenen Phasen entlang der Lebensabschnitte einer Person, vom Säugling bis zum Greis.
5.
Eine allgemein akzeptierte Sozialisationstheorie existiert noch nicht.
Sie müsste folgende Kriterien erfüllen: auf empirischen Daten beruhend,
eine logische Verknüpfung der einzelnen Erscheinungen bieten,
nachvollziehbar Entstehung der Theorie, eingebunden in den fachlichen
Diskurs, offen für neue Erkenntnis.
6. Der Begriff der Sozialisation als Konzept geht auf den französischen Soziologen Emile Durkheim (1858-1917) zurück.
7.
Die Sozialisationstheorie von Erikson entstand in den 1950er und 1960er
Jahren in den USA. Erikson beschreibt die Sozialisation des Menschen
als acht aufeinanderfolgende Phasen, in denen der Mensch jeweils eine
Entwicklungsaufgabe (Krise) bearbeiten und bewältigen muss. Kritiker
werfen Erikson vor, das Ideal einer gleichförmigen Gesellschaft
angepasster Mitläufer propagiert zu haben.
8. Die
Sozialisationstheorie von Beck entstand in den 1980er Jahren in
Deutschland. Er geht davon aus, dass die Menschen gegenüber früher
stärker als Individuen agieren. Dies wirkt sich in drei Dimensionen aus:
der Freiheit, den eigenen Lebenseg gestalten zu können und zu müssen,
der Entzauberung vorgegebener Lebenswege, und den gesellschaftlichen
Strukturen und Mustern, in die sich Individue der Gegenwart integrieren
müssen.
9. Die Sozialisationstheorie von Hurrelmann, entstanden
in den 1990er Jahren in Deutschland, konzentriert sich auf die
Jugendphase. Die Jugendphase, wie sie heute beobachtet werden kann, ist
ein Produkt veränderter und komplexer gewordener Anforderungen an junge
Menschen. Die Jugendlichen müssen sich mit bestimmten
Entwicklungsaufgaben auseinandersetzen, um relevante Mitglieder der
Gesellschaft der Erwachsenen zu werden. Dabei geht es um die Entwicklung
von Kompetenzen und Qualifikationen, der eigenen Geschlechterrolle,
einer Haltung zum Umgang mit Konsum und eines Systems von Werten und
Normen.
1. Pädagogik,
Erziehung(swissenschaft) und Bildung(swissenschaft) werden oft synonym
verwendet, unterscheiden sich aber inhaltlich:
a)
"Pädagogik" ist das, was Lehrende praktisch an einem Lernort wie z.B.
in der Schule tun. In der Vergangenheit wurde der Begriff auch für die
Theorie dieser Praxis verwendet.
b)
"Erziehung" ist umfassender und bezieht sämtliche Aktivitäten mit ein,
die dazu dienen ein kompetenter Erwachsener zu werden.
Erziehungswissenschaft untersucht diese Aktivitäten nach
wissenschaftlichen Grundsätzen.
c)
"Bildung" ist noch umfassender und beschreibt den Prozess der
Ausbildung oder das Vorhandensein einer ausdifferenzierten Haltung einer
Person zu sich selbst und der Welt. Der Bildungsprozess setzt sich auch
bei Erwachsenen fort. Bildungswissenschaft untersucht diesen Prozess
mit wissenschaftlichen Methoden.
2. Die Wissenschaft von der Erziehung bzw. der Bildung vereinigt empirische und normative Methoden.
a)
Erziehungs-/Bildungswissenschaft kann empirisch vorgehen. In diesem
Fall wird gemessen und beschrieben, was sich beobachten lässt.
Wissenschaftler nehmen also eine Beobachterperspektive ein. Dieser
Anteil der Forschung steht in einer gesellschaftswissenschaftlichen
Tradition und bedient sich der Methoden die von solchen Wissenschaften
entwickelt worden sind.
b)
Erziehungs-/Bildungswissenschaft kann normativ vorgehen. Dann wird
darüber nachgedacht, wie Erziehung/Bildung sein sollte und welche Ziele
sie verfolgen sollte. Die Wissenschaft nimmt eine Handlungspektive ein.
Es wird mit geisteswissenschaftlichen Methoden analysiert und
argumentiert. In Deutschland war diese lange die vorherrschende
Herangehensweise, die empirische Herangehensweise kam erst im Verlauf
des 20. Jahrhunderts dazu.
3.
Es lassen sich verschiedene Erziehungs- und Bildungstheorien
unterscheiden. Modellhaft lässt sich sagen, dass jede Erziehungs- und
Bildungstheorie, in unterschiedlich ausgereifter Form, drei Ebenen
umfasst: ein Pädagogisches Handlungssystem, eine Pädagogische Theorie
und Annahmen über das Menschenbild. Manche Erziehungs- und
Bildungstheorien machen darüberhinaus auch Aussagen über die Pädagogik
als Wissenschaft. Einige Erziehungs- und Bildungstheorien sind nur aus
ihrem entstehungszeitlichen Kontext heraus verständlich bzw. setzen ein
Verständnis als selbstverständlich heraus, das sich nur aus dem Kontext
erschließt. Dieses Modell ermöglicht es, verschiedene Bildungstheorien
zu unterscheiden, zu analysieren und zu vergleichen bzw. zu kritisieren.