1. Zunächst wird in einer Einführung erläutert, weshalb es
gerechtfertigt erscheint, sich in der Bildungswissenschaft weiter mit
Sozialisationsforschung zu befassen, auch wenn die Soziologie, aus der
der Begriff Sozialisation ursprünglich stammt, sich mittlerweile von der
Sozialisation als Forschungsgegenstand ab- und der Soziologie der
Kindheit zugewandt hat.
2. Die von Geulen/Hurrelmann gefasste
Definition von Sozialisation als "Prozeß der Entstehung und Entwicklung
der Persönlichkeit in wechselseitiger Abhängigkeit von der
gesellschaftlich vermittelten sozialen und materiellen Umwelt", bei dem
es vorrangig darum gehe, "wie sich der Mensch zu einem gesellschaftlich
handlungsfähigen Subjekt bildet" (Geulen/Hurrelmann 1980, S. 51 zit.
nach LE 1 S. 17), wird als die allgemein akzeptierte Definition
vorgestellt.
3. Sozialisation verläuft auf verschiedenen Ebenen
der Gesellschaft. Ausgehend von dem Subjekt selbst, ziehen die weiteren
Ebenen immer weitere Kreise um das Individuum: zunächst die Interaktion
mit Familie, Freunden, Verwandten, dann innerhalb von Institutionen wie
Betriebe, Schulen, Kirche, Medien und zuletzt der Gesamtgesellschaft.
4. Sozialisation verläuft in verschiedenen Phasen entlang der Lebensabschnitte einer Person, vom Säugling bis zum Greis.
5.
Eine allgemein akzeptierte Sozialisationstheorie existiert noch nicht.
Sie müsste folgende Kriterien erfüllen: auf empirischen Daten beruhend,
eine logische Verknüpfung der einzelnen Erscheinungen bieten,
nachvollziehbar Entstehung der Theorie, eingebunden in den fachlichen
Diskurs, offen für neue Erkenntnis.
6. Der Begriff der Sozialisation als Konzept geht auf den französischen Soziologen Emile Durkheim (1858-1917) zurück.
7.
Die Sozialisationstheorie von Erikson entstand in den 1950er und 1960er
Jahren in den USA. Erikson beschreibt die Sozialisation des Menschen
als acht aufeinanderfolgende Phasen, in denen der Mensch jeweils eine
Entwicklungsaufgabe (Krise) bearbeiten und bewältigen muss. Kritiker
werfen Erikson vor, das Ideal einer gleichförmigen Gesellschaft
angepasster Mitläufer propagiert zu haben.
8. Die
Sozialisationstheorie von Beck entstand in den 1980er Jahren in
Deutschland. Er geht davon aus, dass die Menschen gegenüber früher
stärker als Individuen agieren. Dies wirkt sich in drei Dimensionen aus:
der Freiheit, den eigenen Lebenseg gestalten zu können und zu müssen,
der Entzauberung vorgegebener Lebenswege, und den gesellschaftlichen
Strukturen und Mustern, in die sich Individue der Gegenwart integrieren
müssen.
9. Die Sozialisationstheorie von Hurrelmann, entstanden
in den 1990er Jahren in Deutschland, konzentriert sich auf die
Jugendphase. Die Jugendphase, wie sie heute beobachtet werden kann, ist
ein Produkt veränderter und komplexer gewordener Anforderungen an junge
Menschen. Die Jugendlichen müssen sich mit bestimmten
Entwicklungsaufgaben auseinandersetzen, um relevante Mitglieder der
Gesellschaft der Erwachsenen zu werden. Dabei geht es um die Entwicklung
von Kompetenzen und Qualifikationen, der eigenen Geschlechterrolle,
einer Haltung zum Umgang mit Konsum und eines Systems von Werten und
Normen.
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