Sonntag, 12. November 2023

Modul 1B, Lehreinheit 1

1. Zunächst wird in einer Einführung erläutert, weshalb es gerechtfertigt erscheint, sich in der Bildungswissenschaft weiter mit Sozialisationsforschung zu befassen, auch wenn die Soziologie, aus der der Begriff Sozialisation ursprünglich stammt, sich mittlerweile von der Sozialisation als Forschungsgegenstand ab- und der Soziologie der Kindheit zugewandt hat.

2. Die von Geulen/Hurrelmann gefasste Definition von Sozialisation als "Prozeß der Entstehung und Entwicklung der Persönlichkeit in wechselseitiger Abhängigkeit von der gesellschaftlich vermittelten sozialen und materiellen Umwelt", bei dem es vorrangig darum gehe, "wie sich der Mensch zu einem gesellschaftlich handlungsfähigen Subjekt bildet" (Geulen/Hurrelmann 1980, S. 51 zit. nach LE 1 S. 17), wird als die allgemein akzeptierte Definition vorgestellt.

3. Sozialisation verläuft auf verschiedenen Ebenen der Gesellschaft. Ausgehend von dem Subjekt selbst, ziehen die weiteren Ebenen immer weitere Kreise um das Individuum: zunächst die Interaktion mit Familie, Freunden, Verwandten, dann innerhalb von Institutionen wie Betriebe, Schulen, Kirche, Medien und zuletzt der Gesamtgesellschaft.

4. Sozialisation verläuft in verschiedenen Phasen entlang der Lebensabschnitte einer Person, vom Säugling bis zum Greis.

5. Eine allgemein akzeptierte Sozialisationstheorie existiert noch nicht. Sie müsste folgende Kriterien erfüllen: auf empirischen Daten beruhend, eine logische Verknüpfung der einzelnen Erscheinungen bieten, nachvollziehbar Entstehung der Theorie, eingebunden in den fachlichen Diskurs, offen für neue Erkenntnis.

6. Der Begriff der Sozialisation als Konzept geht auf den französischen Soziologen Emile Durkheim (1858-1917) zurück.

7. Die Sozialisationstheorie von Erikson entstand in den 1950er und 1960er Jahren in den USA. Erikson beschreibt die Sozialisation des Menschen als acht aufeinanderfolgende Phasen, in denen der Mensch jeweils eine Entwicklungsaufgabe (Krise) bearbeiten und bewältigen muss. Kritiker werfen Erikson vor, das Ideal einer gleichförmigen Gesellschaft angepasster Mitläufer propagiert zu haben. 

8. Die Sozialisationstheorie von Beck entstand in den 1980er Jahren in Deutschland. Er geht davon aus, dass die Menschen gegenüber früher stärker als Individuen agieren. Dies wirkt sich in drei Dimensionen aus: der Freiheit, den eigenen Lebenseg gestalten zu können und zu müssen, der Entzauberung vorgegebener Lebenswege, und den gesellschaftlichen Strukturen und Mustern, in die sich Individue der Gegenwart integrieren müssen.

9. Die Sozialisationstheorie von Hurrelmann, entstanden in den 1990er Jahren in Deutschland, konzentriert sich auf die Jugendphase. Die Jugendphase, wie sie heute beobachtet werden kann, ist ein Produkt veränderter und komplexer gewordener Anforderungen an junge Menschen. Die Jugendlichen müssen sich mit bestimmten Entwicklungsaufgaben auseinandersetzen, um relevante Mitglieder der Gesellschaft der Erwachsenen zu werden. Dabei geht es um die Entwicklung von Kompetenzen und Qualifikationen, der eigenen Geschlechterrolle, einer Haltung zum Umgang mit Konsum und eines Systems von Werten und Normen.

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