Sonntag, 28. November 2021

Kulinarische Weltreise: Marokko ‒ Bastilla!

Im Sommer 2012 trat ich meinen ersten Transatlantikflug an. Von Tegel kommend, reisten wir mit British Airways über das damals neu eröffnete Terminal 5 in Heathrow nach Baltimore, dass wir bei der Rückreise nicht, wie auf unseren Tickets vermerkt, in Berlin-Brandenburg landen würden, hatte sich kürzlich herausgestellt. Anders als befürchtet musste ich während des Fluges nicht leiden: das Wetter war gut und das In-Flight-Entertainment war üppig bestückt mit allem, was gerade so in der BBC lief, dazu einige Kinofilme. 

Zur süßlich-würzigen Bastilla passen säuerliche Granatapfelkerne und ein fruchtig-samtiger Rotwein.

Nach mehreren beeindruckenden Natur-Dokus blieb ich bei einer Koch-, genauer Backsendung hängen, wie ich sie noch nie gesehen hatte: ein Trupp ziemlich normaler Engländer*innen backte um die Wette, an thekenartigen Küchenzeilen, die in einem Zelt, das sich offensichtlich auf dem Gelände eines Country House befand, aufgestellt waren. Jede Folge bestand aus drei Teilen: dem "signature bake", bei dem die Teilnehmer*innen zu einem allgemeinen Oberthema wie z.B. Obstkuchen oder Plätzchen ihre persönliche Kreation buken, der "technical challenge" - alle Bäcker*innen backen ein vorgegebenes, unbekanntes und auch nur rudimentär beschriebenes Rezept und am Ende der "show stopper", hier waren Tortenkreationen und größere Aufbauten aus Gebackenem gefragt, wie sie sich auf einem festlichen Büffet gut machen würden. Jede Woche wurde ein "star baker" gekürt und eine Person schied aus.

Die Zutaten für die Hähnchenfüllung.


Ich war sofort angefixt, nicht nur von den Rezepten und ihrer Umsetzung, sondern auch von den intelligent-unterhaltsamen Gesprächen der Bäcker*innen mit der Jury und den Moderatorinnen und sah während des Fluges alle verfügbaren Folgen, auf dem Rückflug noch weitere. 

Die Zutaten für die Eierfüllung.

Kurz drauf zwangen mich Rückenprobleme für einige Wochen in die "Kistenlage". Der Liebste installierte mir eine Kommandozentrale aus Balkonklapptisch und Laptop neben dem Bett. Ich surfte mich durch Youtube, sah BBC-Dokus aus der großartigen "Horizon"-Reihe. Irgendwann schlug mir der Algorithmus "The Great British Bake Off" vor. Ich schaute mir nochmal alle verfügbaren (und vermutlich nur semi-legal hochgeladenen) alten Folgen an und verfolgte die damals aktuelle 3. Staffel und auch alle weiteren, soweit die zunehmenden Upload-Restriktionen auf Youtube das zuließen, dazu sämtliche Spin-Offs mit Promis zu Wohltätigkeitszwecken, die dazugehörige Talkshow ("extra slice"), die Irischen und Australischen Ausgaben und den ganzen irren Aufschwung des Hobbybackens in England, der damit begann, noch lange bevor irgendein*e deutsche*r Hipster*in angefangen hatte, den ersten Sauerteig im Weckglas anzuzüchten.



2013 übernahm Sat.1 das Konzept unter dem Namen "Das große Backen". Die ersten Staffeln waren entsetzlich. Wo das englische Original seinen Appeal daraus zog, Teilnehmer*innen mit unterschiedlichsten Hintergründen, technisches Fachwissen, Humor und Leidenschaft auf intelligente Weise zusammenzubringen und unterhaltsam zu präsentieren, zeichnete sich die deutsche Version durch eine von Platitüden und Ahnungslosigkeit geprägte Moderation und einem Hang der Teilnehmer*innen zu fondantverkleideten Monstertorten in schreienden Farben ohne Sinn für Geschmack (in jedem Sinne) aus.

Die Mandelfüllung.

Ich trauerte, dass es wohl einfach keine deutsche Mary Berry gibt. Diese Kombination aus bescheidener Ladyhaftigkeit, glaubwürdiger Empathie, Fachwissen und kommerziellem Erfolg als Kochbuchautorin scheitert bei uns vielleicht an der immer noch ausgeprägten Regionalität des Backens? Vielleicht auch daran, dass Frauen ihres Schlages bei uns nicht im Privatfernsehen auftreten würden und unser öffentlich-rechtlicher Rundfunk sich zu fein wäre, so eine Sendung in der Prime Time zu bringen. So schade. 

Die Eierfüllung.

Kürzlich meinte der Liebste, er hätte mal wieder in "Das große Backen" reingeschaut, und es wäre jetzt deutlich weniger furchtbar, gäbe ernsthaft anspruchsvolle technische Herausforderungen, Gewinner sei nicht die monströseste Motivtorte, sondern es käme auch auf die inneren Werte der Gebäcke an. Ich gab der Sendung also nochmal eine Chance. 

Die Hähnchenfüllung.

Der Liebste hatte Recht. Die aktuelle Folge stand unter dem Motto "Orientalische Gebäcke aus 1001 Nacht". Zwar musste ich mir auch Torten in Form von Terrakottatöpfen, aus denen aus Reiswaffeln und gefärbter Zuckermasse gefertigte Kobras herausstiegen, ansehen, aber es gab auch eine ordentliche Technikaufgabe: "Pastilla". Eine Pastete aus Filoteig, den die Hobbybäcker*innen selbst herstellen mussten, gefüllt mit Hähnchen, Ei und einer Zuckermandelmischung. Ach was ‒ das ist doch genau diese süßlich-herzhafte Pastete, die ich mir für die Marokkofolge der Kulinarischen Weltreise ausgesucht hatte, wenn auch in der Schreibweise Bastilla, die dem Arabischen näher kommt.

Die vorbereiten Teigblätter.

Und so konnte die Sendung genau das bewirken, was das Englische Vorbild bei mir schon mehrfach geschafft hatte: ich musste die Fehler nicht selbst machen, die die Teilnehmer*innen schon gemacht hatten und ich hatte eine vergleichsweise gute Vorstellung von der Umsetzung des Rezeptes, noch bevor ich damit angefangen hatte. Orientiert habe ich mich an diesem Rezept aus dem Blog "Essensfreuden". Und mit dem Ergebnis bin ich diesmal, endlich! nach den weniger guten Erfahrungen mit Ecuador und Holland, richtig zufrieden!


Die Kombination von Zucker und Fleisch ist ungewohnt aber lecker.

Zutaten

4 große runde Yufka-Teigblätter (etwas dicker als Filoteig)
Butter
Puderzucker
1 Eigelb

Füllung 1:
100g gemahlene Mandeln (mehr wäre besser gewesen, ich hatte nicht mehr da)
20g Zucker
0,5Tl Zimt

Füllung 2:
2 Handvoll glatte Petersilie, grob gehackt
4 Eier +1 Eiweiß

Füllung 3:
1200g Hähnchenschlegel (3 Stück)
1 El Olivenöl
2 mittelgroße rote Zwiebeln, gewürfelt
1 kleines Stück Ziegenkäse (im Original Smen, da ist fermentierte Butter)
1 walnussgroßes Stück Ingwer, in feine Würfel geschnitten
1 Stück Zimtstange (etwa 4cm lang)
einige Safranfäden
1 Tl Kurkuma
gemahlener Pfeffer
2 Tl Salz
250 ml Wasser


Zubereitung

Füllung 1: 
Mandeln in einer trockenen Pfanne rösten, abkühlen lassen, mit Zucker und Zimt mischen, beiseite stellen.

Als erstes werden die Teigblätter mit der Mandel-Zucker-Zimtmischung gefüllt.

Füllung 3:
Safranfäden in dem Wasser einweichen. Die übrigen Zutaten vorbereiten.
Hähnchenschlegel bei großer Hitze in Olivenöl von allen Seiten anbraten, aus dem Topf nehmen. Zwiebeln in den Topf geben und ebenfalls anbraten, dann die Hähnchenschlegel wieder dazugeben, Gewürze und Safranwasser hinzugeben, auf niedriger Hitze bei geschlossenem Deckel für 30-45 Min. garen, bis sich das Fleisch leicht von den Knochen löst. 
Die Hähnchenschlegel herausnehmen und abkühlen lassen, währenddessen den Sud mit den Zwiebeln bei mittlerer Hitze im offenen Topf einkochen lassen, bis eine dickflüssige Sauce entsteht. 
Das Hähnchenfleisch von den Knochen lösen, in kleinere Stücke zupfen und mit der Sauce mischen, anschließend beiseite stellen.


Als dritte Schicht die würzig-milde Hähnchenfüllung.
Füllung 2:
Während der Hähnchensud einkocht, ist ein guter Moment, die zweite Füllung vorzubereiten. Eier verquirlen. In einer heißen Pfanne ein klein wenig Öl verteilen, die Petersilie knapp andünsten, mit dem verquirlten Ei übergießen, als Rührei braten, beiseitestellen.

Die mittlere Schicht besteht aus Rührei mit Petersilie.

Nun die Pastete zusammensetzen: eine flache Schale mit drei Teigblättern auslegen, so dass der Teig seitlich überhängt, dabei jede Schicht mit flüssiger Butter einstreichen. Dann nacheinander die Mandelfüllung, die Eierfüllung und die Hähnchenfüllung aufschichten und flach andrücken. 


Die Teigränder über den Füllungen zusammenklappen.

Mit den überhängenden Teigblättern verschließen, dabei immer wieder mit flüssiger Butter einstreichen, damit der Teig nicht reißt. Mit dem vierten Teigblatt abschließen. Dann die Pastete auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech stürzen. Die Pastete mit Eigelb einstreichen und bei 180 Grad Ober/Unterhitze für  15-30 Min backen, bis die Pastete goldbraun ist.

Die Pastete auf ein Blech stürzen und mit Eigelb einstreichen.

Die Pastete auf eine Platte setzen und mit Puderzucker bestäuben. Dazu gab es bei uns frische Granatapfelkerne, Joghurt und einen trockenen Lemberger vom Weingut Fried Baumgärtner, Hohenhaslach, aus dem SolidAHRitäts-Weinpaket.

Die goldbraune Pastete aus dem Ofen nehmen.



Blogger Aktion "Die kulinarische Weltreise" von @volkermampft hält in Marokko - die besten Rezepte und Gerichte der marokkanischen Küche Die anderen Reisenden haben diese Gerichte gefunden: Britta von Backmaedchen 1967 mit Mandel Ghriba Wilma von Pane-Bistecca mit Marokkanisches Fischgericht mit Couscous und Jogurt Sauce Kathrina von Küchentraum & Purzelbaum mit Marokkanisches Fladenbrot aus der Pfanne Sonja von fluffig & hart mit Marokkanisches Kofta Kebab Sonja von fluffig & hart mit Baghrir - marokkanische Pfannkuchen Simone von zimtkringel mit Marokkanisches Schmorhähnchen Jill von Kleines Kuliversum mit Salzzitronen Jill von Kleines Kuliversum mit Harira - marokkanische Suppe Britta von Brittas Kochbuch mit Bunte Gemüsetajine mit Falafel Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Marokkanische Chorba mit Lamm, Gemüse und Safran Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Amlou – marokkanischer Mandel-Honig-Dip mit Arganöl Tina von Küchenmomente mit Zitronen-Ghriba Anja von GoOnTravel mit Marokkanische Linsensuppe – Harira (vegan) Susanne von magentratzerl mit Harira Edyta von mein-dolcevita mit Marokkanische Ingwer- Kekse Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Shrimps-Gemüse-Tagine mit Salzzitronen Dirk von low-n-slow mit Dafina aus dem Slowcooker Michael von SalzigSüssLecker mit Briouats - dreimal lecker Marie-Louise von Küchenliebelei mit Rindfleisch-Tajine mit Datteln Sonja von fluffig & hart mit gegrilltes marokkanisches Hähnchen Carina von Coffee2Stay mit Harira: Marokkanische Hühnersuppe Volker von Volkermampft mit Marokkanisches Meloui (Malawi) – Leckeres Pfannenbrot Volker von Volkermampft mit Marokkanische Hackbällchen aus Lamm in Tomatensoße Susan von Labsaliebe mit Rote-Bete-Salat mit Ziegenkäse und Orangen poupou von poupous geheimes Laboratorium mit Bastilla




Montag, 22. November 2021

Kulinarische Weltreise: Ecuador und Niederlande - Dulce de Leche und Olie Bollen

 "Ecco! Tutti i nodi vengono al pettine." Merlino kaute demonstrativ und langsam und wischte dabei seine klebrige Hand an der Serviette ab. "Vermutlich hast du Recht" seufzte ich und war nicht sicher, ob es eine gute Idee gewesen war, ihn hereinzubitten. Der Liebste hatte ihn besser im Griff und schaffte es, italienische Konversation am Straßenrand oder im Park mit ihm zu treiben. Ich dagegen hatte mich von seiner mitleiderregenden Gestalt dazu verleiten lassen, ihn mit frischem Kaffee und einer Kostprobe meiner weniger gelungen Kreationen aufheitern zu wollen. 

Holländische Apfelkrapfen frisch aus dem heißen Öl.

Nun hatte ich den critico di ristoranti am Küchentisch sitzen, der die Beine kokett übereinandergeschlagen hatte und meine leider ziemlich fettigen, quatschigen Olie Bollen mit zwei Fingern auseinanderzog. "Guarda!" setze er an "zu viel Öl. Nicht heiß genug. Du hast deine holländischen Apfelklumpen in kaltes Öl gelegt." "Vermutlich hast du Recht" seufzte ich nochmal. Aber ich hatte mir Mühe gegeben, es war ein tolles Rezept und der Teig hatte vielversprechend ausgesehen. 

Hefeteig mit Apfelschorle, Apfelstückchen und Rosinen.

So war der Plan, ausgehend von diesem Rezept:



1kg Mehl mit 1l Apfelschorle mischen (Handmixer niedrigste Stufe), 1 Würfel Hefe darin auflösen,

Drei Äpfel in sehr kleine Würfel schneiden, mit 200g Rosinen mischen.

130g Zucker, eine Prise Salz, 1/2 Tl. Zimt und die Apfel-Rosinenmischung unter den Teig kneten, es entsteht ein dickflüssiger klebriger Teig. 

45 Min gehen lassen.

Mit einem Esslöffel oder Eisportionierer Teigklumpen in heißem Öl ausbacken, abtropfen, mit Puderzucker bestreuen.

Tja. Leider habe ich so gut wie keine Ahnung vom Frittieren. Der Plan, dass wir dieses Jahr frittieren lernen, war nicht aufgegangen. Bis auf die zweimal gebackenen Schweinefleischstücke, die der Liebste Anfang des Jahres produziert hatte, war es nicht dazu gekommen. Was war das Problem? Ich glaube tatsächlich, ich habe zu viel Öl genommen und dadurch war es nie heiß genug, weil mein Herd eher schwachbrüstig ist. Vermutlich hätten ein paar Zentimeter Öl völlig ausgereicht. Die Apfelbollen sahen hübsch aus, waren aber nur knapp gar, innen eher fest-speckig und gar nicht knusprig, sondern eher gummiartig-fettig. Man konnte sie schon essen, sie waren auch nicht wirklich schlecht, aber eben auch nicht so richtig doll und eher nicht das, womit ich an einem Foodblogger-Event teilnehmen wollte. Hm.

Und Ecuador? Dafür habe ich viele, sehr sehr viele Videos angeschaut, in denen ecuadorianische Hausfrauen aus Milch, Reismehl und Zucker Dulce de Leche kochen. 

Laange Kochen, dann wird Dulce de Leche draus.

Aus Gründen, an die ich mich nicht erinnere, fand ich das mit dem Reis blöd und der weiße Zucker wirkte auch irgendwie unauthentisch. Klar: die ecuadorianischen Hausfrauen haben garantiert keine Ahnung, ich aber schon. Deshalb startete ich meinen Versuch mit unraffiniertem Rohrrohzucker (Panela) und Heumilch. Das wurde schon recht lecker, aber eben auch nicht perfekt. 

Zerbröselter Rohrrochzuckerbarren und Milch sind die Zutaten für meine Dulce de Leche.


Aus 2 Litern Milch und 500g Zucker wurden sechs kleine Gläser Dulce de Leche.


Das schmeckt gar nicht schlecht und ist ein schöner Brotaufstrich. Ich habe aber "echte" Dulce de Leche viel süßer, karamelliger, zähflüssiger in Erinnerung. Nächstes Mal nehm ich doch wieder die russische gesüßte Kondensmilch...

Und was ist mit Japan? Das ist tatsächlich an mir vorbeigegangen, dazu fiel mir einfach gar nichts ein. Da gibt es also keine verborgenen nodi, die Merlino noch in den Kamm gehen könnten. Und ich hatte andere Esel zu kämmen...

Und hier die Rezepte der Mitreisenden aus den Niederlanden: Ulrike von Küchenlatein mit Niederländisches Tigerbrot - Tijgerbrood Ulrike von Küchenlatein mit Holländische Apfel-Speck-Pfannkuchen Sonja von fluffig&hart mit Poffertjes Simone von zimtkringel mit Hutspot Gabi von slowcooker.de mit Stamppot met Kibbeling Sylvia von Brotwein mit Matjes Brötchen Rezept Sylvia von Brotwein mit Bolletjes - Holländische Brötchen als witte und bruine bollen Susanne von magentratzerl mit Königinnensuppe | Koniginnesoep Michael von SalzigSüssLecker mit Gevulde Koeken Edyta von mein-dolcevita mit Rijstevlaai- Reiskuchen aus Holland Britta von Brittas Kochbuch mit Witlofstamppot met ham en kaas Sonja von fluffig&hart mit Boterkoek - niederländischer Butterkuchen Kathrina von Küchentraum & Purzelbaum mit Original holländische Poffertjes Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Bokkenpootjes - ein niederländisches Gebäck Tina von Küchenmomente mit Stroopwafel Taart mit karamellisierten Äpfeln Volker von Volkermampft mit Krentenbollen – super weiche niederländische Rosinenbrötchen Volker von Volkermampft mit Appletaart – niederländisches Apfelkuchen Rezept Sus von CorumBlog 2.0 mit Pannekoeken met appel, spek en stroop Dirk von low-n-slow mit Hutspot Blogger Aktion "Die kulinarische Weltreise" von @volkermampft hält in den Niederlanden - die besten Rezepte und Gerichte der niederländischen Küche Und hier die Rezepte der Mitreisenden aus Ecuador: Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Mango-Shrimp-Ceviche mit Avocado und knusprigen Chifles Kathrina von Küchentraum & Purzelbaum mit Pan de yuca - Käsebrötchen Britta von Brittas Kochbuch mit Pescado encocado - Fisch in Kokossauce Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Pan Reventado - aufgerissene Brötchen aus Ecuador Wilma von Pane-Bistecca mit Llapingachos - gefuellte Kartoffelpuffer aus Ecuador Ulrike von Küchenlatein mit Chupe de maní – Erdnuss-Suppe Simone von zimtkringel mit Chaulafan de pollo Wilma von Pane-Bistecca mit Pescado Encocado - Ecuadorianischer Fisch in Kokosnuss Milch Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Caldo de Bolas de Verde – Suppe mit gefüllten Knödeln aus grünen Kochbananen Susanne von magentratzerl mit Encocado Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Cremige Quinoasuppe mit Mais und Strohkartoffeln Wilma von Pane-Bistecca mit Seco de Pollo Wilma von Pane-Bistecca mit Curtido de Cebolla y Tomate Susanne von magentratzerl mit Llapingachos con Ají de Maní Britta von Backmaedchen 1967 mit Flan de Piña-Ananas Flan Britta von Brittas Kochbuch mit Coctél de Aguacates y Camerones - Avocado-Garnelencocktail Britta von Brittas Kochbuch mit Bistec de res ecuatoriano - Ecuadorianisches Rindersteak Britta von Brittas Kochbuch mit Arroz con "Pollo" vegano - Reis mit "Hühnchen" vegan Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Fritada mit Hominy-Erbsen-Salat Jenny von Jenny is baking mit Espumillas aus Ecuador Gabi von Langsam kocht besser mit Shrimp-Ceviche Dirk von low-n-slow mit Kochbananen-Empanadas Tina von Küchenmomente mit Come y Bebe - Fruchtsalat aus Ecuador Volker von Volkermampft mit Ecuadorianisches Hähnchen Rezept - Seco de pollo Blogger Aktion "Die kulinarische Weltreise" von @volkermampft hält in Ecuador - die besten Rezepte und Gerichte

Sonntag, 14. November 2021

Was machst du eigentlich den ganzen Tag? - 5. November 2021

Kurz nach drei wache ich auf und bin sehr wach. Ich lese ein bisschen. Die Kirchturmuhr schlägt die Viertelstunden. Ich höre einige Schnellzüge in der Nähe vorbeirauschen. Ich rechne mir selbst vor, dass ich viele Schläge der Turmuhr bereits gut verschlafen haben muss. Irgendwann schlafe ich wieder ein und werde dann von der rostigen Hupe kurz vor sieben geweckt. 

Ich "koche" Kaffee in den Zahnputzgläsern. Wir rollen noch ein wenig im Bett herum, dann gehe ich ins Bad, genieße das heiße Wasser und wasche ausgiebig meine Haare. Während der Liebste ins Bad geht, ziehe ich mich an und teste den Balkon. Unter uns ist ein großer Wintergarten. Der Himmel ist noch neblig verhangen, verspricht aber, vielleicht noch sonnig zu werden. Wir testen uns, beide negativ. Als der Liebste fertig angezogen ist, packe ich meine Basteltüte und das New York Magazin und wir gehen pünktlich um 8:30 ins Erdgeschoss. Der Wintergarten ist der Frühstücksraum. 

Für jedes Zimmer ist ein Tisch eingedeckt, mit coronagerechten Abständen. Auf jedem Platz steht ein Frühstücksgedeck aus Teller, Becher, Messer, Serviette und zwei Brötchen. Getränke bringt das Personal, alles andere gibt es am Büffet, wobei Wurst, Käse, Tomaten und Gurken auf kleinen Tellern portioniert und mit Klarsichtfolie abgedeckt in einem gläsernen Kühlschrank stehen. Daneben gibt es Müsli, verschiedene Cerealien, Dörrfrüchte, Nüsse, selbstgemachte Zwetschgenmarmelade, alles ebenfalls portioniert und unter Folie. In einem weiteren Kühlschrank stehen Milch in kleinen Kännchen, Joghurt, Karamellpudding und Melonenstücke. Außerdem gibt es Honig, Nutella, andere abgepackte Marmeladen, diverses Obst und Eier. Ich entscheide mich für Butter, Schinken und Brie, Tomaten- und Gurkenscheiben, außerdem Zwetschgenmarmelade und ein Ei, Melone und Orange. Wir lassen es uns gut gehen. Als meine Eltern eintreffen, lotsen wir sie brav an einen der anderen Tische um die coronagerechte Anordnung nicht zu zerstören.  

Kurz drauf erscheint der Rest der Verwandtschaft und stellt fröhlich die Tische zusammen. Nach dem Frühstück begleite ich meine Eltern erst zum Auto und dann in ihr Zimmer im Neubau. Leider hat sich die als Verpackung geplante Schachtel auf der Fahrt aufgelöst und lässt sich mit Tesafilm nicht reparieren. Mein Vater fragt an der Rezeption nach UHU. Gibt es leider nicht. Wir ändern den Plan und verwenden statt der Schachtel die Papiertüte, in der die Schachtel verpackt war. Mithilfe von Seidenpapier simulieren wir einen Wald, in dem sich die Schleichtiere, das Bilderbuch und unsere Karte  verstecken können. Wie verabreden, um 11 Uhr abzufahren, und ich gehe zurück in unser Zimmer, um mich umzuziehen. 

Versehentlich habe ich die falschen Strumpfhosen eingepackt. Statt der besten drei meiner schwarzen Strumpfhosen habe ich die beiden zweitbesten und eine uralte voller Löcher, die ich im Garten unter der Gartenhose trage, eingepackt. Ich entscheide mich für das bequemere der beiden zweitbesten Modelle und steige in Kleid und Strickjacke. Der Liebste berät mich noch zu meinem Seidenschal. Den anderen Schal und die Abendschuhe packe ich in eine schwarze Stofftasche, außerdem den Vorratspack gemusterte OP-Masken. Ich richte die kleine Handtasche mit Notfallequipment und kleinen Scheinen und Münzen. Dann steige ich in meine schwarzen Stiefel und den roten Mantel. Der Liebste ist auch schon fertig. 

Vor dem Haus treffen wir die anderen wieder. Ich verteile noch ein paar gemusterte Masken, packe meine Stofftasche in den Kofferraum und wir fahren los. Nach kleiner Navigationsverwirrung finden wir die Kirche schnell und auch das Parkhaus in der Nähe. Schon vom Auto aus sehen wir weitere bekannte Gesichter und andere Gäste. Als kleine Familienprozession ziehen wir weiter zur Kirche. Vor der Kirche ist es dann überraschend voll. Wir lassen uns nach Impfstatus und Testergebnis befragen und bekommen jeder ein Festivalbändchen um den Arm, das gleichzeitig als Tagesablaufplan funktioniert.

Festivalbändchen mit Hochzeitsplan.

Die Kirche ist angenehm mittelklein und schon bald überraschend voll. Es ist ein bisschen seltsam, so viele Gesichter seit Jahren wiederzusehen, die sich nun alle hinter Masken verstecken. Gleichzeitig aber irgendwie auch speziell und schön. Hinter dem Altar hängt eine Art Mobile aus filigranen ineinander verwobenen Formen in zarten Tönen, teilweise abstrakt, dazwischen ein paar Fische und Brote erkennbar. Die Pfarrerin, Brautpaar und Brautzeugen ziehen ein und es geht los. Trotz Masken singen wir, und da die Lieder lauter gute Bekannte sind, klingt das sogar ziemlich kräftig. Zwischendurch singen auch zwei Sängerinnen mit Pianobegleitung, unter anderem im bairischen Dialekt - "I lean di o", das ist anrührend und passt ziemlich gut an diesen Ort.

Die Pfarrerin schlägt einen schönen Bogen zwischen Tradition und Persönlichem, zeichnet nach, was zwischen dem ersten abgesagten Hochzeitstermin, dem zweiten abgesagten Hochzeitstermin und heute so alles passiert ist und warum es sehr gut ist, dass wir jetzt alle da sind und alles stattfindet, wie es stattfindet und wirkt insgesamt auf angenehme Weise überzeugt von dem, was sie da macht. Mir kommen immer wieder die Tränen und auch das Brautpaar wirkt sehr bewegt. Nach der Trauung zieht das Paar wieder aus und ist als wir hinaustreten auch schon unterwegs zur Feierlocation. Wir stehen noch einige Minuten herum und begrüßen weitere lange nicht gesehene Verwandte und neu zur Familie Dazugestoßene. Dann gehen wir zurück zum Parkhaus und fahren los.

Wir fahren überraschend lange auf kleinen Sträßchen über Hügel und durch winzige Orte und kommen schließlich bei einer Art Aussiedlerhof ein, der (Ex?-)Bauernhof, (Ex?-)Landmetzgerei und professionelle Hochzeitslocation ist. Wir parken unterhalb des Anwesens auf einem gekiesten Hof und werden auf einer umlaufenden Terrasse schon vom Brautpaar erwartet: endlich können wir gratulieren! Hinter dem Brautpaar spielt eine Jazzband. Heizpilze kämpfen gegen die novemberlichen Temperaturen. Ich nehme gerne ein Glas Sekt und ein Stück Flammkuchen entgegen. Hinter meiner Mutter sinkt eine junge Dame ohnmächtig nieder. Die anwesenden familieneigenen Ärzt*innen und Krankenpfleger*innen eilen herbei, aber die ebenfalls familieneigenen Johanniter*innen sind noch schneller und haben sofort alles im Griff.

Als das Brautpaar vom Fotografiertwerden zurückkehrt, ziehen wir ums Haus herum in den großen Saal, ich biege vorher kurz zum Auto ab und wechsle meine Schuhe. Unser Tisch ist irgendwo in der Mitte und wir sitzen in einer schönen Runde mit öfter und seltener getroffenen Verwandten. Als Bhaltis steht an jedem Platz in Fläschchen Himbeersirup nach Großis Rezept. Das Paar begrüßt die Gäste und schneidet die Hochzeitstorte an, danach ist das Kuchenbüffet eröffnet. Der Kaffee kommt jetzt genau richtig. Während wir Kaffee trinken, werden noch ein Gemeinschaftsfingerabdruckbild und ein Fotoprojekt erklärt.

Inzwischen hat sich die Jazzband in einer Ecke des Raumes als Rock-Pop-Schlagerband neu erfunden, wobei der Schlageranteil im Verlauf des Abends langsam ausläuft. Das Brautpaar tanzt einen schönen Wienerwalzer. Wir walzen auch ein bisschen hinter dem Saal durch den schmaleren Raum mit dem Kuchenbüffet - die Tanzfläche ist einfach zu voll! Ich hoffe auf einen langsamen Walzer irgendwann später. Einige Tänzchen später beginnt das wirklich hervorragende Festessen mit einem Salatteller für jeden, der sich mit Antipasti von üppig gefüllten Etageren nach Belieben ergänzen lässt. Das nennt sich Tischbüffet und werde ich mir bestimmt abschauen!

Es folgt eine Hochzeitssuppe, die uns spontan an Niedersachsen erinnert und ein Hauptgang, bei dem ich mich für die Fleischvariante entschieden habe, rosa Kalbsrücken, dazu Teigtaschen mit Pilzfüllung und herbstliches Gemüse. Alles schmeckt köstlich, ist modern angerichtet und auf den Punkt gegart.

Unser Beitrag zu dem Video, den wir nach der ersten Terminverschiebung eingereicht hatten, hat es nicht in den endgültigen Film geschafft, dafür haben meine Eltern einen entzückenden Auftritt. Die Band legt sich weiter ins Zeug und wird mit voller Tanzfläche belohnt. Kein langsamer Walzer dabei, allerdings. A. hält noch einen kleinen familienhistorischen Vortrag und ich denke ein bisschen an Großi und wie sie das alles gefunden hätte. Ich freue mich in Gedanken, dass sie bei unserer Hochzeit noch dabei sein konnte.

Wir freuen uns an der spielwütigen und ansteckend fröhlichen Band und dass wir endlich mal wieder zum Tanzen kommen, auch wenn mir manche Grundschritte (Quickstep, ausgerechnet!) einfach nicht mehr einfallen und ich den Liebsten nur ahnungslos anschauen kann, als der "Aida!" ruft. Es ist einfach herrlich. Dazwischen komme ich auch dazu, mich mit meinen Cousinen und Cousins zu unterhalten, das ist auch richtig schön, auch wenn ich mal wieder merke, dass mein Leben doch so anders ist, dass wir nach Gemeinsamkeiten eher suchen müssen. Daneben beobachte ich mit Interesse, wie wir alle so altern, wer welche Lösungen mit schwindender Haarfarbe usw. gefunden hat. Das geht so auch nur mit Menschen, die mir grundsätzlich vertraut sind, die ich aber nicht so oft sehe. Ich versuche, den beiden wirklich sympathischen und angenehmen Neuzugängen in der Familie keine blöden Fragen zu stellen. Das ist auch gar nicht so einfach, ich will ja auch nicht desinteressiert wirken. Ich hoffe, wir haben die beiden nicht abgeschreckt mit unserer Familienhaftigkeit.

Der Liebste verrät der Band, dass ein langsamer Walzer doch mal eine gute Idee wäre. Sie spielen "If you don't know me by now" und wir schwelgen. Sogar meine Eltern lassen sich auf die Tanzfläche locken. Danach noch eine Rumba. So schön. Dann gibt es überraschenderweise schon wieder etwas zu essen: ein Vesperbüffet mit Brezeln, Schinken und Käse. Auch wieder sehr fein. Irgendwann nach 23 Uhr werden Shuttlefahrten ins Hotel angeboten. Meine Eltern nehmen gerne an, wir möchten lieber noch ein bisschen weitertanzen und erleben deshalb auch noch den letzten Tanz des Brautpaars, das die Tanzfläche nicht nur eröffnet sondern auch verabschiedet. So schön! Danach warten wir eine Weile im Dunkeln auf einer Bank vor dem Saal auf die Rückkehr des Shuttlebus. Drinnen werden die Stühle hochgestellt und das Personal räumt die Deko ab - neuer Tag, neues Paar. Der Kleinbus bringt uns gegen halb eins zurück in den Landgasthof. Meine Füße sind froh, dass ich mich hinlegen kann. Wir sehen noch ein paar Minuten fern und schlafen ein.

Auf zeit.de jetzt (14.11.) 5,02 Mio. Infizierte, davon 248.000 in den letzten sieben Tagen, 58,2 Mio. Geimpfte.

Die anderen Beiträge des Tagebuchbloggertreffens finden sich im Blog von Frau Brüllen.