Donnerstag, 24. Februar 2022

Kulinarische Weltreise ‒ Äthiopien: Doro Wot!

Anfang der 90er Jahre, ich ging noch zur Schule, besuchte ich meine Cousine in Karlsruhe und wir gingen afrikanisch essen. Das Restaurant hieß schlicht "Afrika" und neben einem afrikanischen Reisgericht mit Kochbananen, das ich einmal auf dem Kirchentag gegessen hatte, war das mein erstes afrikanisches Essen überhaupt. Das Essen war ein Erlebnis: es wurde auf etwas serviert, das meine Cousine pragmatisch Spülschwammtücher nannte, große Fladenbrotlappen mit schwammartiger Struktur. Man aß mit den Fingern. 

Injera mit Doro Wot, Ater Kik-Alischa und Frischkäse 

In Hamburg eröffnete irgendwann ein äthiopisches Restaurant in der Nähe der Uni. Ich wollte immer mal da hin, denn den ausgestellten Bildern nach war das genau so ein Essen wie das in Karlsruhe - meinen Freund*innen war es suspekt - Essen und Äthiopien ging irgendwie schwer zusammen angesichts der Bilder von hungernden Kindern und Ernteausfällen in allen Medien. Ich bin nicht mehr sicher, ob wir dann irgendwann doch mal dort waren? Vielleicht trügt mich auch die Erinnerung. Jedenfalls hätte ich das badische Afrika-Erlebnis gerne mal aufgefrischt.


Weizen, dunkles Teff und Milomehl.

In den ersten Jahren in Berlin, als wir noch öfter aus unserem Kiez rauskamen und alles noch neu und auf andere Weise aufregend war als heute, probierten wir uns durch verschiedene Länderküchen und stießen auf das Bejte Ethiopia, idyllisch neben einem Swingerclub unweit des Straßenstrichs nördlich der Bülowstraße gelegen. Das war alles wie im Karlsruher Afrika nur noch viel besser: vor dem eigentlichen Essen wurde eine Kaffeezeremonie präsentiert, mit Weihrauch, Popcorn und vor den Augen der Gäste gerösteten Kaffeebohnen, zuletzt bekam jeder einen Fingerhut von dem Kaffee gereicht. Wir waren begeistert und schleppten nach und nach viele unserer Berlinbesucher mit dorthin.

Injera-Teig nach 24 Stunden.

Als des Liebsten Mutter dann die Wohnung im Obergeschoss an eine eritreische Familie vermietete und schon bald ihre sehr eigenen Erfahrungen mit der Kaffeezeremonie und den eritreischen Fastenregeln machte, fuhren wir 2017 über Ostern dorthin, verblüfften die eritreischen Kinder mit versteckten Schokoladeneiern,und wurden zu einem traditionellen Osteressen eingeladen. 

Zwiebeln, Knoblauch und frischer Ingwer zusammen mit den Hühnerteilen in den Crockpot schichten.

Ich bat, beim Kochen zuschauen zu dürfen. Das ging am Vorabend los. Wir hatten gerade unsere Ostereier gefärbt, da wurde ich nach oben gerufen. H. zog große Säcke mit Teff, Milo- und Weizenmehl hervor und begann, in einem alten Farbeimer eine Art Pfannkuchenteig anzurühren. Dazu kam noch ein Teigrest aus dem Kühlschrank. Das blieb dann so über Nacht stehen. Am nächsten Tag wurde ich wieder gerufen. H. schnitt große Mengen Gemüse, ich meine es waren Zwiebeln, Karotten und Kohl, außerdem Fleisch, daraus entstanden über viele Stunden zwei Saucen, beide gewürzt mit viel Berbere.

Frisch gemörserte Gewürze geben dem Doro Wot den typischen Geschmack.

Am späten Nachmittag wurden die Injera gebacken: in einer flachen Pfanne eine Teigspirale gießen, abdecken und nach wenigen Minuten das fertige Brot aus der Pfanne auf eine Bastmatte gleiten lassen. Das anschließende Essen war köstlich, auch wenn wir wenig sehen konnten, da H. bis auf eine alle Glühbirnen herausgeschraubt hatte. Und es schmeckte wie im "Afrika".

Butter mit Berbere und den weiteren Gewürzen in den Slowcooker geben.

Jetzt haben wir zum ersten Mal ernsthaft versucht, so ein Essen mit allen Bestandteilen nachzubauen, was in unserem Haushalt zu äthiopisch-eritreischen Festwochen geführt hat, die auch aktuell noch andauern. Verschiedene Injera-Experimente waren im Ergebnis gar nicht so schlecht, wenn auch noch nicht perfekt. Als Saucen gab es verschiedene Gemüse: Gomen (Grünkohl mit Zwiebeln, Knoblauch, Ingwer und Butter), Ater Kik-Alischa (Schälerbsen mit Kokos, Kurkuma, Zwiebeln, Knoblauch und Ingwer) und Tikel Gomen (Wißkohl, Karotten, Kartoffeln, Kurkuma, Kreuzkümmel, Zwiebeln, und Ingwer) und Misir Wot (ein Linsengericht), darüber schrieb der Liebste nebenan.

Die Hühnerkarkasse gibt Geschmack und Gelatine an die Sauce ab.

Ich habe mich an eine Variante des Doro Wot (wörtlich: Sauce mit Huhn) gewagt. Und da es ein Schmorgericht ist, habe ich es im Slowcooker zubereitet. Das wurde sehr sehr lecker und war sehr ergiebig, heute haben wir die vierte Mahlzeit daraus verzehrt und morgen werden wir den letzten Rest der würzig-scharfen Doro-Sauce mit frischem Gemüse kombinieren. Orientiert habe ich mich an diesem Rezept von "Menschen für Menschen": Doro Wot und dem Rezept des Blogs daringgourmet.

Doro Wot nach sieben Stunden im Slowcooker.
Zutaten

1 ganzes Huhn und zwei weitere Hühnerbeine, zerlegt, Karkasse aufbewahren 
1 kl. Dose (400g) geschälte Tomaten
18 kleinere Zwiebeln, fein gewürfelt
2 El gehackter Knoblauch
2 El gehackter frischer Ingwer
Saft einer Zitrone 
75g Butter
insg. ca. 1 El gemörserter Kreuzkümmel, Kardamom, Nelken, Kurkuma und Muskat (ersetzt die Gewürzbutter)
100g Berbere
3 Tl Salz
0,25l Met oder Weißwein mit etwas Honig
(8 hartgekochte Eier - habe ich weggelassen bzw. vergessen)

Zubereitung

Hühnerteile ca 30 Min mit dem Zitronensaft marinieren, dann mit Zwiebeln, Knoblauch und Ingwer mischen und in den Einsatz des Slowcookers geben. Butter in einer Pfanne schmelzen, Berbere, Salt und gemörserte Gewürze dazugeben, kurz angehen lassen und dann ebenfalls in den Slowcooker geben. Geschälte Tomaten und Met darübergeben. Zuletzt die Hühnerkarkasse obenauf legen. Deckel auf den Einsatz setzen und auf "low" ca 7:00 Stunden garen. Nach der halben Garzeit einmal umrühren. Kurz vor Ende die hartgekochten Eier hinzugeben. Auf Injera servieren. Dazu passt weißer Frischkäse und Gemüse oder Salat.

Dunkles Teff führt zu dunklem Injera - Vollkorn ist das sowieso.


Blogger Aktion "Die kulinarische Weltreise" von @volkermampft hält in Äthiopien - die besten Rezepte und Gerichte Die anderen Teilnehmer*innen der Weltreise haben diese Rezepte ausprobiert: Wilma von Pane-Bistecca mit Injera- Aethiopisches Fladenbrot Britta von Brittas Kochbuch mit Sega Wat - Äthiopischer Lammeintopf Wilma von Pane-Bistecca mit Zigni-Kai Wat - Aethiopisches Rinder Gulasch Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Niter Kibbeh - äthiopische Würzbutter Susanne von magentratzerl mit Traditionelles Injera Friederike von Fliederbaum mit Doro Wot - Hühnerschmortopf mit Eiern Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Scharfer Rindfleischeintopf mit Bockshornklee und Kartoffeln – Abish Wot Kathrina von Küchentraum & Purzelbaum mit Äthiopischer Wirsingeintopf - Atakilt Wat Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Teff-Injera - äthiopisches Sauerteig-Fladenbrot aus der Pfanne Susanne von magentratzerl mit Minchet Abish - Rinderhaschee in pikanter Bockshornkleesauce Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Gemischte vegetarische Platte zu Injera Simone von zimtkringel mit Niter Kibbeh Simone von zimtkringel mit Kitfo - Tatar auf äthiopisch Dirk von low-n-slow mit Misir Wot Tina von Küchenmomente mit Dabo - Honigbrot aus Äthiopien Britta von Brittas Kochbuch mit Wat mit heimischen Gemüsen - afrikanisch-europäisches Crossover Volker von Volkermampft mit Berbere selbstgemacht – Rezept für die Äthiopische Gewürzmischung Volker von Volkermampft mit Injera – Rezept für das Äthiopische Pfannenbrot aus Teffmehl Manuela von Vive la réduction! mit Injera, Niter Kibbeh und vier "Auflagen" Volker von Volkermampft mit Misir Wot - scharfer äthiopischer Linsen-Eintopf Volker von Volkermampft mit Doro Wot - äthiopischer Hähnchen-Topf - langsam geschmort Volker von Volkermampft mit Timatim - äthiopischer Tomatensalat mit leckerer Vinaigrette


Sonntag, 6. Februar 2022

Was machst du eigentlich den ganzen Tag? 5. Februar 2022

Kurz vor sechs wache ich auf und gehe ins Bad. Danach schlafe ich mir kurzen Unterbrechungen bis kurz vor neun weiter. Der Liebste hat inzwischen schon Kaffee gekocht. Wir stehen auf und frühstücken (Kaffee, selbst gebackenes Roggen-Sauerteig-Brot, Marmelade, Honig, Drehkäse, Leberwurst). Nebenbei verfasse ich einen Einkaufszettel, um den wirklich sehr leeren Kühlschrank wieder aufzufüllen. Auch der Gefrierschrank ist jetzt fast leer. Ich nehme das letzte Paket Hackfleisch aus dem ersten Lockdown aus heraus, das könnten wir am Sonntag irgendwie verarbeiten. Der Liebste durchforstet den Küchenschrank nach weiteren Resten. Wir einigen uns auf Milchreis für heute und ich nehme noch eine Tüte Heidelbeeren aus dem Gefrierfach. Für Sonntag schlägt der Liebste vor, dass wir "die antiken Lasagneplatten" verwerten könnten. Ich erinnere ihn daran, dass wir die erst vor wenigen Wochen gekauft haben, trotzdem: mit dem Hackfleisch gar keine schlechte Idee. Ich ergänze den Einkaufszettel um Parmesan und Tomatendosen.

Ich beschließe, dass ich das am besten in mehreren Touren abarbeite und mache mich direkt nach dem Frühstück mit dem roten Rad auf den Weg. Erstmal zur Apotheke, die bestellten Sachen abholen, dann weiter zur Blumenresterampe, wo mein restliches Bargeld gerade noch für drei Töpfe mit Mini-Narzissen reicht, und von dort zur Biocompany. Leider gibt es dort keine Weißwürste. Ich erstehe eine Mischung lokaler Gemüse für die Lasagne (gelbe Beten, Mangold in weiß und bunt, Gelberüben, eine Navette, ein paar Champignons), außerdem Salat, Eier, Milch und Brotmehl.

Es dauert eine Weile, bis ich sämtliche Einkäufe in Fahrradtasche, Körbchen und Rucksack verstaut habe und mit Helm und gelber Weste wieder abfahrbereit bin. Zuhause trinke ich eine Tasse Kaffee mit dem Liebsten und breche dann nochmal auf, diesmal mit dem Bus. Ich gönne mir eine gemütliche Besichtigung des neu designten Edeka am Kaiser-Wilhelm-Platz (oder heißt der jetzt schon nach Richard von Weizsäcker?) und lade abgepacktes Fleisch von glücklichen Hühnern, Mutti-Tomaten, Aufback-Croissants, Schinken, Käse, Blutorangen, Hafermilch, Weißwürste und spontan ein halbes Suppenhuhn ein. 

Zuhause nur kurzes Aus- und Umpacken, dann fülle ich den kleinen Crockpot mit Milchreis und Milch (125g Reis, etwas Salz, 0,5l Milch, 2 Stunden auf "high") und gehe nochmal los, diesmal zu Fuß zum Höllenlidl, für Studentenfutter, Joghurt, Mittagspausenzutaten (Hüttenkäse, Fisch, Hummus, Oliven, Spitzpaprika), Salat, Birnen, Weißkohl und Suppengemüse.  

Wieder daheim räume ich alles ein, richte den Nüsslesalat und erwärme die Weißwürste. Wir essen. Danach für jeden eine Orange. Da der Liebste noch nicht wieder fit ist, legen wir uns mit einer Tasse Kaffee ins Bett und sehen ein wenig fern. Zwischendrin verwandle ich den Milchreis in Reisauflauf aus dem Crockpot und lasse die Heidelbeeren mit etwas Zucker zu Kompott aufkochen.

Als wir genug gesehen haben, setze ich mich an den Schreibtisch und erledige diversen Schreibkram, dann repariere ich endlich den Blogpost, der seit drei Wochen immer wieder neue Probleme aufwarf und er geht schließlich online. Der Liebste hat Hunger, wir genießen den Reisauflauf mit Heidelbeerkompott.

Ich räume den kleinen Crockpot ab und stelle den großen Crockpot auf, werfe schnell ein paar grobe Gemüsestücke (Sellerie, Lauch, Gelberübe, Zwiebel, Ingwer) mit Salz, Lorbeer und dem halben Suppenhuhn hinein und fülle mit Wasser auf, 10 Stunden "low" sollte das in Hühnerbrühe verwandeln. Mittlerweile sind mir diverse Fehler und Auslassungen im Blogpost aufgefallen, ich arbeite nochmal nach und kommentiere die anderen Haiti-Rezepte. Interessanterweise gibt es noch zweimal Soup Joumou und auch die beiden anderen haben sich für Rinderbeinscheiben entschieden. Die Rezepte sind nicht gleich, aber geschmacklich dürfte das Ergebnis sehr ähnlich sein. Die anderen Rezepte sind auch ohne Nudeln, allerdings absichtlich.

Die Mini-Narzissen fallen mir wieder ein. Es ist schon dunkel, als ich sie aus den Töpfen nehme und in den Blumenkästen zwischen den leidenden Geranienresten verteile. Dann recherchiere ich noch ein wenig zu Croffles. Irgendwie hatte mich die Ahnung erreicht, dass es sich dabei um einen Foodtrend handelt, den gerade alle ausprobieren, irgendwie mit Croissant-Teig aus dem Kühlregal und dann ins Waffeleisen. Ich war davon ausgegangen, dass es sich um eine Verbesserung des Croissants handelt. Also nach dem Motto "so schmecken Croissants ganz besonders gut", so ähnlich, wie man Pizza vom Vortag im Waffeleisen in einen neuen Aggregatzustand bringen kann. Viele Blogposts später bin ich nicht mehr so sicher. Niemand schreibt darüber, wie das eigentlich schmeckt und warum man das machen sollte. Vielmehr machen es wohl alle, weil es alle machen. Es scheint eher eine Abkürzung zu sein, um keinen Waffelteig anzurühren, Motto also eher "so können Sie spontan Waffeln backen, wenn Sie zufällig Croissant-Teig im Kühlschrank haben". 

Es scheint drei Vorgehensweisen zu geben: die Teigrolle aus der Aufplatzverpackung nehmen, in dicke Scheiben schneiden, dann die Scheiben im Waffeleisen backen. Meiner Meinung nach ist damit aber die ganze Blätterteighaftigkeit des Teiges hinüber, es ist halt einfach ein fertiger, fettiger Teig, der im Waffeleisen gebacken wird, schmeckt vermutlich nicht schlecht - aber gegen ein Croissant? Hm. 

Die andere Methode ist: die Teigrolle in die vorgestanzten Dreiecke zerteilen, wie Croissants aufrollen und dabei ggf. füllen, dann die Croissants im Waffeleisen backen. Den Fotos nach zu urteilen entstehen so ovale Waffeln, ggf. mit Füllung und that's it. Sehr croissantig wirkt das nicht.

Die vermutlich bescheuertste Methode ist, den ausgerollten Teig zu einem Teigklumpen zusammenzukneten, davon kleinere Kugeln abzunehmen und diese dann im Waffeleisen backen. Ja nun, das sind dann eben Waffeln aus gekauftem Teig. Weder so sehr viel einfacher zu machen, noch sind dann noch irgendwelche croissanthaften Waffeln zu erwarten, denke ich.

Ich schildere dem Liebsten die Croffle-Misere und überlasse ihm, ob er morgen während ich im Park schwitze lieber den Backofen oder das Waffeleisen vorheizen möchte. Wir streamen noch ein paar Minuten und schlafen dann kurz nach zehn.

Samstag, 5. Februar 2022

Kulinarische Weltreise - Haiti: Soup Joumou!

Das neue Jahr begrüßte uns mit Zetteln im Treppenhaus:

"Es ist untersagt, Gegenstände (Möbel, Pflanzen) im Treppenhaus abzustellen. Alle Gegenstände werden am 15.01.2022 entfernt und entsorgt. Die Hausverwaltung. (BHG Urteil vom XYZ Az. ABCDE)."


Der Blechhund ist noch da.


Abgesehen davon, dass es in unserem Fall vom absurden Humor der Hausverwaltung zeugt, dass sie sich um Gegenstände (Pflanzen, Möbel) im Treppenhaus sorgt, und wir zu diesem Zeitpunkt auch nicht sicher waren, ob sich hinter "Die Hausverwaltung" nun die alte unfähige Hausverwaltung oder möglicherweise eine neue aufstrebendere Hausverwaltung verbarg, die vielleicht sogar zum Antritt ihrer Tätigkeit eine Hausbegehung veranstaltet und unhaltbare Zustände (Pflanzen, Möbel) entdeckt hatte, die vielleicht momentan namentlich noch nicht genannt werden durfte, eine Geheimhausverwaltung geradezu, die sich schon ein bisschen aufspielen aber weder Namen noch Adresse nennen durfte (es war die alte, wie wir inzwischen wissen, die auf wundersame Weise der Kündigung durch die Eigentümerversammlung noch einmal um acht Monate entgangen war), musste ich in den Tagen danach an die Guerillagartenmantras denken, die ich im Jahr 2011 verfasst hatte:

  • Auf alles gefasst sein, es kann jederzeit zuende sein, wenn Nachbarn oder Eigentümer nicht mehr mitspielen

  • Nicht traurig sein, wenn andere eingreifen – ich habe mir den Garten schließlich auch nur geliehen

  • Aufwand und Anspruch minimieren, Boden und Standort geben die mögliche Bepflanzung vor, nicht ich

Entkernten Kürbis im Backofen garen.

Was sich ursprünglich auf die Sandwüste hinter dem Vorderhaus bezogen hatte, gilt natürlich auch für das Treppenhaus und da ich nie um irgendeine Erlaubnis gebeten hatte, sondern einfach nach und nach den Treppenabsatz in eine Art Indoor-Guerillagarten verwandelt hatte, war ich stets darauf gefasst, dass Nachbarn oder Eigentümer nicht mehr mitspielen.


Ingwer, Knoblauch, Petersilie und Limonensaft bilden die Marinade für das Fleisch.

Womit ich nicht gerechnet hatte, war, dass ich nach Guerillamantra Nr. 1 2. Alt. wenige Tage später auch direkt Mantra Nr. 2 anwenden musste: während ich noch überlegte, wie ich mehrere riesige nicht winterharte Kübelpflanzen und meine Balkonkästen spontan umsiedle, war die große Clivie eines abends einfach weg. Danach ging alles sehr schnell: Das Elefantenohr zog zusammen mit drei Orchideen ins neue Büro, die Weihnachtskakteen in die Küche, der Coffeetablebook-Tisch wurde zum Wollpflanzenschemel und die Geranien gingen auf Härtetest zurück auf die Balkonbrüstung.

Am nächsten Tag war dann auch das "Möbel" auf dem alles gestanden hatte weg. Der Blechhund und Harrys wackliger Klappschemel sind dagegen erstaunlicherweise auch jetzt, drei Wochen später, noch da.


Für Suppen, Eintöpfe und Schmorgerichte im Slowcooker sind Beinscheiben unschlagbar: Knochen und die langsam zerkochenden Sehnen sorgen für sensationellen Geschmack und Konsistenz.

Viel lieber hätte ich das neue Jahr wie die Haitianer begrüßt: mit Soup Joumou. Am ersten Januar feiert Haiti die Befreiung von der französischen Kolonialherrschaft und erinnert an die Unabhängigkeit seit 1. Januar 1804. Auch wenn die weitere Geschichte Haitis bis heute von Unruhen, Aufständen und Naturkatastrophen geprägt ist, gegen die sich unsere Auseinandersetzungen mit Vermieter und Hausverwaltung wie eine possierliche Schmonzette ausnehmen: die Haitianer sind zurecht stolz darauf, als erstes Land der Karibik die Unabhängigkeit erlangt zu haben und erinnern daran mit einer Kübissuppe mit Rindfleisch und Nudeln.

Das Fleisch mariniert über Nacht.

Traditionell wurde Soup Joumou aus dem Giraumon-Kürbis (Bischofsmützen-Kürbis), einem Kürbiskultivar aus dem 18. Jahrhundert zubereitet. Die Früchte ähneln einer altertümlichen Kopfbedeckung, mit einer Art Taille in der Mitte des Kürbisbauches und kleinen Fältchen in der oberen Hälfte, als hätte der Kürbis nicht ganz so viel Fruchtfleisch ausgebildet, wie er zuvor Kürbishaut vorgesehen hatte, ich merke, mir fehlen etwas die Worte für eine genaue Beschreibung.


Bischofsmützenkürbis (Jamain, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Bis zur Unabhängigkeit war dieses Gemüse und die reichhaltige Suppe den französischen Plantagenbesitzern vorbereitet gewesen. Französische Kolonialherren und die Plantagenbesitzer ließen sich die reichhaltige Kürbissuppe mit Rindfleisch von ihren Sklaven zubereiten. Die Suppe war ein verbotener Genuss, ein Symbol der Unterdrückung und der willkürlichen Herrschaft von Menschen über Menschen. Nach der Revolution eigneten sich die Haitianer die Suppe als eigenes Symbol ihrer Freiheit und Würde an. Heute ist Soup Joumou das erste Gericht eines neuen Jahres und wird zum Neujahrsfrühstück und danach auch zu allen weiteren Mahlzeiten am Neujahrstag serviert. Im Dezember 2021 nahm die UNESCO die Soup Joumou in das immaterielle Weltkulturerbe auf.


Röstgemüse liefert durch Maillard-Reaktion komplexe Aromen.

Ich habe aus praktischen Gründen Hokkaido verwendet. Weil ich den restlichen Kürbis zu Kürbislasagne verarbeiten und für die Suppe den Crockpot verwenden wollte, habe ich auch die Zubereitung, die sonst klassisch im Kochtopf stattfindet, für mich etwas abgewandelt. Dabei habe ich mich an den Rezepten aus dem Blog savourythoughts.com orientiert.


Zuerst die Weißkohlstreifen in den Crockpot einschichten.

Zutaten:

1 kl Hokkaidokürbis

4 gr Karotten

1 Pastinake

1 halber Weißkohl

3 Stangen Sellerie

3 Rinderbeinscheiben

3 Knoblauchzehen

1 Stück Ingwer, ca. walnussgroß

2 Limonen

glatte Petersilie

Salz, Pfeffer

Öl

Wasser


Zubereitung:

Petersilie, Knoblauch und Ingwer kleinschneiden, mit Pfeffer, Salz und dem Saft einer Limone mischen und das Rindfleisch damit mehrere Stunden, am einfachsten über Nacht marinieren.

Den Kürbis entkernen, garen - entweder bei 200 Grad im Backofen für ca. 30 Minuten oder in Wasser gar kochen - und anschließend pürieren.

2 Karotten, Pastinake, Sellerie und das Innere des Weißkohls (den Strunk) in kleine Würfel schneiden und mit wenig Öl in einer Pfanne gründlich anrösten. Inzwischen den restlichen Kohl in schmale Streifen schneiden. Die übrigen Karotten in dicke Scheiben schneiden.

Kohlstreifen, Karottenscheiben, das geröstete Gemüse, Kürbispüree und Beinscheiben in den Einsatz des Slowcookers schichten, salzen, mit Wasser bis zur Höhe von ca 2/3 des Einsatzes auffüllen.

8-10 Stunden auf „low“ garen, danach umrühren, Knochen herausnehmen, Rindfleisch ggf. etwas zerkleinern, evtl. nachsalzen, mit Saft der zweiten Limone abschmecken. Damit ist die Suppe im Grunde fertig.

Zum Servieren Penne in Salzwasser kochen und direkt in die Teller oder mit in die Servierschüssel geben, die Suppe mit frischer Petersilie bestreuen.

Leider habe ich die Penne im letzten Moment dann doch vergessen, bitte dazu denken!


Blogger Aktion "Die kulinarische Weltreise" von @volkermampft hält in Haiti - die besten Rezepte und Gerichte 

Die anderen Weltreisenden haben aus Haiti diese Rezepte mitgebracht: 

Volker von Volkermampft mit Soup Joumou - die haitianische Suppe als Weltkulturerbe auf dem Teller Britta von Brittas Kochbuch mit Soupe Joumou - haitianische Neujahrssuppe Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Poule nan Sos - Hähnchen in Sauce Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Reis und rote Bohnen - Diri kole ak pwa rouj Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Pikliz Simone von zimtkringel mit Haitian Fishfritters mit Pikliz Marie-Louise von Küchenliebelei mit Haitian Chicken Tacos Susanne von magentratzerl mit Ze ak bannann - Rührei mit Kochbanane Britta von Brittas Kochbuch mit Diri kole ak pwa - Reis mit Bohnen Britta von Brittas Kochbuch mit Griot - kross gebratene Schweinefleischwürfel Kathrina von Küchentraum & Purzelbaum mit Kokoskuchen aus Haiti Wilma von Pane-Bistecca mit Poul nan Sos -Haitianisches Huhn in Sauce Susanne von magentratzerl mit Espageti Wilma von Pane-Bistecca mit Haitianische Lauch Kroketten Volker von Volkermampft mit Boulèt – Rezept für haitianische Hackbällchen