Freitag, 6. März 2020

was machst du eigentlich den ganzen tag? 5. märz 2020

wie jeden 5. eines monats fragt frau brüllen, was wir eigentlich alle den ganzen tag so machen.

kurz vor dem wecker wache ich von selbst gegen 5:45 auf. gestern abend hatten wir uns nicht so fit gefühlt und waren früh schlafen gegangen, heute ist es deutlich besser. der liebste schaltet das radio ein und geht irgendwann ins bad. gegen 6:30 stehe ich auch auf, gehe kurz ins bad, ziehe eine strickjacke über und setze mich dann zum frühstück mit dem liebsten in die küche. es gibt roggenvollkornbrot, käse, wurst, kaffee und milch. wir lesen in der zeitung vom letzten sonntag.

um sieben startet der liebste richtung arbeit. ich starte eine waschmaschine, räume die frühstückssachen ab und trinke noch etwas kaffee. dann rolle ich die turnmatte im wohnzimmer aus und mache eine runde yoga. unfassbarerweise bin ich jetzt schon bei tag 13 des 30-tage programms von adriene angelangt. die einheit ist überraschend schnell beendet und ich kann kaum glauben, wie wenig es mich diesmal angestrengt hat, obwohl ich gefühlt eine halbe stunde im downwardfacing dog stand.

danach erledige ich im schlafanzug auf der turnmatte sitzend die erste runde internetkram und emails. s. sagt das für nachmittags geplante telefonat ab. auch gut. ich suche eine busverbindung zu w. raus. der bus fährt im 20-minuten-takt und fährt gerade ab. das heißt, jetzt bleiben mir noch genau 40 minuten, um zu duschen, die wäsche aufzuhängen, mich anzuziehen und meine sachen zu packen.

ich erreiche den bus und klingele um 9:45 bei w. ich höre, dass sie übt. sie öffnet nicht, vermutlich rechnet sie noch nicht mit mir und hört die klingel nicht. ich stelle mich in die frühlingssonne und lese ein bisschen auf dem handy. um fünf vor zehn ein neuer versuch, w. hört mich und macht auf.

angekommen packe ich sofort meine bratsche aus und wir legen los. die messe von vasks hat für mich zwei schwierige stellen und geht sonst ganz gut vom blatt. aber das orgelkonzert von poulenc bringt mich absolut an meine grenzen. dazu hab ich einfach zu lange gar nicht gespielt. zu schnell, rhythmisch komplex, zu viele lagenwechsel, töne, die auf der a-seite knapp vor dem steg zu liegen scheinen, ausserdem hat meine bogenhand verlernt triolen zu spielen, ich kann nur geradzahlige gruppen. ich teile w. mit, dass wir das gerne komplett durchgehen können, dass ich das aber nicht schaffen kann, auch nicht mit üben. wir spielen noch ein paar duette von michel corette, die ich vor ewigen zeiten schonmal auf der flöte gespielt hatte, das kriege ich gerade so vom blatt hin.

wir beschließen, dass das genug geübt ist und trinken noch einen kaffee. w. erzählt mir ihr leben. ich rege an, dass sie sich für mehr kontakt mit kindern und enkeln ein smartphone anschaffen könnte. w.s haltung dazu ist ungefähr wie die des captain: tüdelkram, den sie nicht braucht. wer was von ihr will kann sie ja anrufen. wir diskutieren eine weile über ansprüche an sich selbst, darüber wie ehrenrührig es ist, auch mal zu sagen, das schaffe ich nicht oder das wird mir zu viel. schließlich schreibe ich noch von w.s wohnzimmer aus an s. und sage für den poulenc ab.

kurz nach eins verlasse ich w. und setze mich wieder in den bus. kaum sitze ich dort, ruft s. an und will details wissen, hat dann aber gleich verständnis für meine absage und geht entspannt damit um. zuhause werfe ich salat ins wasser und rufe mal meine eltern an, um zu hören wie es ihnen in der freiwilligen quarantäne geht. sie wirken vergnügt und haben noch keinen zuhause-koller.

danach richte ich mir salat aus feldsalat, rotem chicoree und radieschen von der marktschwärmerei, avocado und sardinen. alles sehr lecker. ich trinke noch einen kaffee und sehe dabei den teil von kitchen impossible an, bei dem ich gestern eingeschlafen war. irre sequenz voller kommunikativer missverständnisse zwischen tim mälzer und einem kebab-koch in der jerusalemer altstadt.

w. ruft noch einmal an. ich erzähle ihr, dass ich mit s. gesprochen habe. sie hat sich noch nicht entschieden und wägt immer noch diverse optionen ab.

anne meldet sich, sie kommt heute abend doch nicht zum übernachten. also brauche ich auch kein frühstücksgemüse einzukaufen. gegen halb vier fahre ich trotzdem los und hole das neue festnetztelefon ab. nach einigem hin und her, weil nicht ich, sondern der liebste das telefon bestellt hat, wird mir das gerät angesichts von gleichem nachnamen und gleicher adresse doch ausgehändigt.  ich laufe zur kaisereiche und steige dort in den bus nach hause. zurück zuhause setze ich noch eine wäsche auf, drucke ich die unterlagen für das nächste modul aus und zeichne das organigramm. das gelingt erst im dritten anlauf einigermaßen. das amt meldet sich und ist mit meinen diversen fortbildungsplänen einverstanden.

ich erfahre, dass ich tatsächlich als schlichterin in einem konflikt nominiert wurde. spannend. aufregend. ich rufe j. an, höre, wie es ihr im zwangs-home-office so ergeht und lasse mir den ausgang des dramas mit p. erzählen. ich erfahre, dass israel eine corona-einreisesperre verhängt hat und j.s reise damit wohl ins wasser fällt. so schade. ausserdem hat k. gekündigt. hm. wundert mich nur bedingt. währenddessen kommt der liebste nach hause.

ich richte die kammer für r. her und fange an zu kochen (backofen-kürbis und spitzkohl in tomatensauce), als s. vorbeikommt um mir meinen briefkastenschlüssel zurückzubringen und ihren tee abzuholen. sie hat blöde post bekommen. wir unterhalten uns, während ich den spitzkohl in der pfanne rühre. als sie weg ist, essen wir, ich helfe dem liebsten die waschladung über und fahre um 20 vor sieben zu meiner fortbildung. es ist das fünfte modul und es geht diesmal um verhandeln und interkulturelle konflikte. eigentlich genau meine themen, aber vielleicht gerade deshalb erstmal gar nicht so spannend für mich. ankündigung, dass wir am freitag die konflikte innerhalb unserer gruppe mediieren sollen. das sorgt für einige irritation und etwas beklemmung.

r. und ich fahren nach hause und trinken mit dem liebsten noch einen früchtetee. die angekündigte mediation beschäftigt uns weiter. gegen 23 uhr liegen wir im bett und ich schlafe zur tageszusammenfassung des deutschlandfunks ein.


die anderen texte findet ihr wie immer hier

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