Sonntag, 17. Januar 2021

Freitag, 15. Januar 2021

Ich wache irgendwann gegen fünf Uhr auf, weil der Liebste das Radio einschaltet. Der erste Satz, den ich bewusst höre ist "Die Mitautorinnen sind ein Problem. Die Wikipedia...". Ich bin fast überrascht, dass ich mich darüber kaum noch ärgere. Es bleibt halt unter den vielen Problemen, unter denen das Projekt leidet, ein für Journalisten leicht greifbares. Mein kleiner Beitrag zum Wikiläum ist schon vor Wochen bei WMAT erschienen und ich bin sicher, der Jubiläumsrummel wird sich diesmal schneller beruhigen als bei den letzten Malen. Dafür ist das Projekt einfach nicht mehr neu und aufregend genug, und es gibt aktuell deutlich wichtigere Themen in den Nachrichten.

Wir frühstücken einigermaßen flott (das übliche selbstgebackene Roggenbrot, Schinken, Käse, Erdbeer-Sanddornmarmelade aus eigenem Sanddorn, Kaffee, Hafermilch), so dass ich ohne Stress kurz vor sechs das Haus verlasse. Es ist garnichtmal so kalt und trocken. Ich bastele die FFP2-Maske hinter die Ohren und bin schon jetzt froh, dass das heute erstmal mein letzter ÖPNV-Tag sein wird. Der Bus zum Zoo kommt pünktlich, weniger als 10 Mitreisende und ich rausche noch einmal durch die dunkle und leere City West und vorbei an der blau glimmenden Gedächtniskirche. Auf dem Bahnsteig ist es deutlich frischer, ich bin froh, als der Zug kommt, auch hier nur wenige Passagiere. Nach Spandau habe ich das Obergeschoss meines Waggons für mich. Ich lese erst im Internet und dann Friedrich Schulz von Thun zum Inneren Team. Seine Maxime "docere et delectare" setzt er beneidenswert gut um. Ich hoffe, das wird mir irgendwann auch gelingen. Ich lese mich fest.

Kurz vor halb acht steige ich in N. um. Das Bähnchen steht schon am Nachbargleis. Wir sind heute zu fünft. Ich lese weiter, während wir durch die Dämmerung tuckern. In K. liegt noch Schnee, aber die Wege sind frei und trocken. Ich reiße mir die Maske vom Gesicht, reibe meine wehen Ohren und atme endlich wieder tief durch. Um 8:02 checke ich ein und gehe dann an die Arbeit. Um Zeit zu sparen, bleibe ich über Mittag im Büro. Es gibt ein Sammelsurium aus Heringshappen in Sahne mit Gurke und Dill, dazu Paranüsse, schwarze Oliven, gelbe Rüben, Orange, Birne, danach noch einen Riegel Schokolade). Gegen 16:30 reibe ich die Möbel mit der Bürogeheimwaffe Fensterreiniger ab, wasche mein Geschirr und packe meine Handbücher, Ordner und anderen Unterlagen für die nächsten Wochen zusammen. 16:52 checke ich aus. Es ist merklich kälter geworden und ich bin froh, dass das Bähnlein schon am Bahnhof wartet. Ein letztes Mal FFP2-Maske installieren, Ohren Reiben, Brille justieren. In N. verlasse ich kurz den Bahnhof und nutze die lange Umsteigezeit für ein paar Minuten ohne Maske. Immerhin ist der Regio pünktlich. Dafür deutlich voller als an den anderen Tagen, an denen ich im späteren Zug unterwegs war. 

Während der Fahrt lese ich einen langen Essay in der New York Times über das englische Dokumentarfilmprojekt "7up", das eine Gruppe von 14 Engländern im Rhyythmus von sieben Jahren durch ihr Leben begleitet. Der Essay erschien 2019 anlässlich von "63up". Mir kommen beim Lesen fast die Tränen.

Etwa die Hälfte der Mitreisenden trägt FFP2, die andere Hälfte Bastelmodelle aus buntem Stoff. Mir scheint, die OP-Masken-Fraktion trägt inzwischen geschlossen FFP2. Ich ja auch, jedenfalls im ÖPNV.

Am Zoo ist es kalt. Viel kälter als morgens, kommt es mir vor. Der Bus verspätet sich und ist wie immer erstmal leer und füllt sich dann an jeder Station weiter, wird deutlich voller als an den Tagen davor, darunter auch ein paar Leute mit Maske unter der Nase oder die zum Essen oder Telefonieren die Maske ganz abziehen, gerne dazwischen mit gründlichem Husten. Ich bin sehr froh um meine Maske, auch wenn sie unangenehm und eng sitzt, scheint sie doch immerhin dicht. Ich schleppe meine Tasche nach Hause und bin froh, dass diese Reisewoche damit vorbei ist.

Der Liebste kocht kartoffelfreie Sheperd's Pie und schaut dabei "Emily in Paris". Ich lege mich schonmal ein bisschen ins Bett während die Pie bäckt. 

Die Pie ist wieder mal köstlich. Danach bin ich sofort zum Umfallen müde und mache mich gleich bettfertig. Ich schlafe kurz nach neun.

Jetzt auf zeit.de 2.045.000 Infizierte insgesamt. Davon 123.000 in den letzten sieben Tagen. 1.048.000 Geimpfte.

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