Donnerstag, 24. Februar 2022

Kulinarische Weltreise ‒ Äthiopien: Doro Wot!

Anfang der 90er Jahre, ich ging noch zur Schule, besuchte ich meine Cousine in Karlsruhe und wir gingen afrikanisch essen. Das Restaurant hieß schlicht "Afrika" und neben einem afrikanischen Reisgericht mit Kochbananen, das ich einmal auf dem Kirchentag gegessen hatte, war das mein erstes afrikanisches Essen überhaupt. Das Essen war ein Erlebnis: es wurde auf etwas serviert, das meine Cousine pragmatisch Spülschwammtücher nannte, große Fladenbrotlappen mit schwammartiger Struktur. Man aß mit den Fingern. 

Injera mit Doro Wot, Ater Kik-Alischa und Frischkäse 

In Hamburg eröffnete irgendwann ein äthiopisches Restaurant in der Nähe der Uni. Ich wollte immer mal da hin, denn den ausgestellten Bildern nach war das genau so ein Essen wie das in Karlsruhe - meinen Freund*innen war es suspekt - Essen und Äthiopien ging irgendwie schwer zusammen angesichts der Bilder von hungernden Kindern und Ernteausfällen in allen Medien. Ich bin nicht mehr sicher, ob wir dann irgendwann doch mal dort waren? Vielleicht trügt mich auch die Erinnerung. Jedenfalls hätte ich das badische Afrika-Erlebnis gerne mal aufgefrischt.


Weizen, dunkles Teff und Milomehl.

In den ersten Jahren in Berlin, als wir noch öfter aus unserem Kiez rauskamen und alles noch neu und auf andere Weise aufregend war als heute, probierten wir uns durch verschiedene Länderküchen und stießen auf das Bejte Ethiopia, idyllisch neben einem Swingerclub unweit des Straßenstrichs nördlich der Bülowstraße gelegen. Das war alles wie im Karlsruher Afrika nur noch viel besser: vor dem eigentlichen Essen wurde eine Kaffeezeremonie präsentiert, mit Weihrauch, Popcorn und vor den Augen der Gäste gerösteten Kaffeebohnen, zuletzt bekam jeder einen Fingerhut von dem Kaffee gereicht. Wir waren begeistert und schleppten nach und nach viele unserer Berlinbesucher mit dorthin.

Injera-Teig nach 24 Stunden.

Als des Liebsten Mutter dann die Wohnung im Obergeschoss an eine eritreische Familie vermietete und schon bald ihre sehr eigenen Erfahrungen mit der Kaffeezeremonie und den eritreischen Fastenregeln machte, fuhren wir 2017 über Ostern dorthin, verblüfften die eritreischen Kinder mit versteckten Schokoladeneiern,und wurden zu einem traditionellen Osteressen eingeladen. 

Zwiebeln, Knoblauch und frischer Ingwer zusammen mit den Hühnerteilen in den Crockpot schichten.

Ich bat, beim Kochen zuschauen zu dürfen. Das ging am Vorabend los. Wir hatten gerade unsere Ostereier gefärbt, da wurde ich nach oben gerufen. H. zog große Säcke mit Teff, Milo- und Weizenmehl hervor und begann, in einem alten Farbeimer eine Art Pfannkuchenteig anzurühren. Dazu kam noch ein Teigrest aus dem Kühlschrank. Das blieb dann so über Nacht stehen. Am nächsten Tag wurde ich wieder gerufen. H. schnitt große Mengen Gemüse, ich meine es waren Zwiebeln, Karotten und Kohl, außerdem Fleisch, daraus entstanden über viele Stunden zwei Saucen, beide gewürzt mit viel Berbere.

Frisch gemörserte Gewürze geben dem Doro Wot den typischen Geschmack.

Am späten Nachmittag wurden die Injera gebacken: in einer flachen Pfanne eine Teigspirale gießen, abdecken und nach wenigen Minuten das fertige Brot aus der Pfanne auf eine Bastmatte gleiten lassen. Das anschließende Essen war köstlich, auch wenn wir wenig sehen konnten, da H. bis auf eine alle Glühbirnen herausgeschraubt hatte. Und es schmeckte wie im "Afrika".

Butter mit Berbere und den weiteren Gewürzen in den Slowcooker geben.

Jetzt haben wir zum ersten Mal ernsthaft versucht, so ein Essen mit allen Bestandteilen nachzubauen, was in unserem Haushalt zu äthiopisch-eritreischen Festwochen geführt hat, die auch aktuell noch andauern. Verschiedene Injera-Experimente waren im Ergebnis gar nicht so schlecht, wenn auch noch nicht perfekt. Als Saucen gab es verschiedene Gemüse: Gomen (Grünkohl mit Zwiebeln, Knoblauch, Ingwer und Butter), Ater Kik-Alischa (Schälerbsen mit Kokos, Kurkuma, Zwiebeln, Knoblauch und Ingwer) und Tikel Gomen (Wißkohl, Karotten, Kartoffeln, Kurkuma, Kreuzkümmel, Zwiebeln, und Ingwer) und Misir Wot (ein Linsengericht), darüber schrieb der Liebste nebenan.

Die Hühnerkarkasse gibt Geschmack und Gelatine an die Sauce ab.

Ich habe mich an eine Variante des Doro Wot (wörtlich: Sauce mit Huhn) gewagt. Und da es ein Schmorgericht ist, habe ich es im Slowcooker zubereitet. Das wurde sehr sehr lecker und war sehr ergiebig, heute haben wir die vierte Mahlzeit daraus verzehrt und morgen werden wir den letzten Rest der würzig-scharfen Doro-Sauce mit frischem Gemüse kombinieren. Orientiert habe ich mich an diesem Rezept von "Menschen für Menschen": Doro Wot und dem Rezept des Blogs daringgourmet.

Doro Wot nach sieben Stunden im Slowcooker.
Zutaten

1 ganzes Huhn und zwei weitere Hühnerbeine, zerlegt, Karkasse aufbewahren 
1 kl. Dose (400g) geschälte Tomaten
18 kleinere Zwiebeln, fein gewürfelt
2 El gehackter Knoblauch
2 El gehackter frischer Ingwer
Saft einer Zitrone 
75g Butter
insg. ca. 1 El gemörserter Kreuzkümmel, Kardamom, Nelken, Kurkuma und Muskat (ersetzt die Gewürzbutter)
100g Berbere
3 Tl Salz
0,25l Met oder Weißwein mit etwas Honig
(8 hartgekochte Eier - habe ich weggelassen bzw. vergessen)

Zubereitung

Hühnerteile ca 30 Min mit dem Zitronensaft marinieren, dann mit Zwiebeln, Knoblauch und Ingwer mischen und in den Einsatz des Slowcookers geben. Butter in einer Pfanne schmelzen, Berbere, Salt und gemörserte Gewürze dazugeben, kurz angehen lassen und dann ebenfalls in den Slowcooker geben. Geschälte Tomaten und Met darübergeben. Zuletzt die Hühnerkarkasse obenauf legen. Deckel auf den Einsatz setzen und auf "low" ca 7:00 Stunden garen. Nach der halben Garzeit einmal umrühren. Kurz vor Ende die hartgekochten Eier hinzugeben. Auf Injera servieren. Dazu passt weißer Frischkäse und Gemüse oder Salat.

Dunkles Teff führt zu dunklem Injera - Vollkorn ist das sowieso.


Blogger Aktion "Die kulinarische Weltreise" von @volkermampft hält in Äthiopien - die besten Rezepte und Gerichte Die anderen Teilnehmer*innen der Weltreise haben diese Rezepte ausprobiert: Wilma von Pane-Bistecca mit Injera- Aethiopisches Fladenbrot Britta von Brittas Kochbuch mit Sega Wat - Äthiopischer Lammeintopf Wilma von Pane-Bistecca mit Zigni-Kai Wat - Aethiopisches Rinder Gulasch Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Niter Kibbeh - äthiopische Würzbutter Susanne von magentratzerl mit Traditionelles Injera Friederike von Fliederbaum mit Doro Wot - Hühnerschmortopf mit Eiern Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Scharfer Rindfleischeintopf mit Bockshornklee und Kartoffeln – Abish Wot Kathrina von Küchentraum & Purzelbaum mit Äthiopischer Wirsingeintopf - Atakilt Wat Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Teff-Injera - äthiopisches Sauerteig-Fladenbrot aus der Pfanne Susanne von magentratzerl mit Minchet Abish - Rinderhaschee in pikanter Bockshornkleesauce Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Gemischte vegetarische Platte zu Injera Simone von zimtkringel mit Niter Kibbeh Simone von zimtkringel mit Kitfo - Tatar auf äthiopisch Dirk von low-n-slow mit Misir Wot Tina von Küchenmomente mit Dabo - Honigbrot aus Äthiopien Britta von Brittas Kochbuch mit Wat mit heimischen Gemüsen - afrikanisch-europäisches Crossover Volker von Volkermampft mit Berbere selbstgemacht – Rezept für die Äthiopische Gewürzmischung Volker von Volkermampft mit Injera – Rezept für das Äthiopische Pfannenbrot aus Teffmehl Manuela von Vive la réduction! mit Injera, Niter Kibbeh und vier "Auflagen" Volker von Volkermampft mit Misir Wot - scharfer äthiopischer Linsen-Eintopf Volker von Volkermampft mit Doro Wot - äthiopischer Hähnchen-Topf - langsam geschmort Volker von Volkermampft mit Timatim - äthiopischer Tomatensalat mit leckerer Vinaigrette


10 Kommentare:

Susanne hat gesagt…

Oh, Doro Wot steht auch noch auf meiner Liste. Es im Slowcooker zuzubereiten ist eine sehr gute Idee!

Kuechentraum und Purzelbaum hat gesagt…

Das ist auch ein tolles Gericht.
Liebe Grüße

Simone von zimtkringel hat gesagt…

Yesssss, ein Slowcooker-Rezept! Das wird meins!
Liebe Grüße
Simone

Regina hat gesagt…

Spannende Story mit der großen Farbeimer und dem Injera-Teig! Gruß, Regina und Peter von bistroglobal.de

volkermampft hat gesagt…

Dein Doro Wot hört sich auch gut an. Spannend, dass bestimmte Restaurants eher in speziellen Gegenden der Stadt liegen. Hier in Hamburg gab/gibt es doch das ein oder andere authentische Restaurant im beschaulichen Bahnhofsviertel...

Schöne Grüße
Volker

Friederike hat gesagt…

Interessante Geschichte von deiner Reise nach Eritrea!!
Ich war jetzt gespannt, wie dein Doro Wot aussieht...
lg

Britta hat gesagt…

Einen Slowcooker habe ich auch. Dann steht dem Nachkochen ja nichts mehr im Wege.

Liebe Grüße
Britta

Anonym hat gesagt…

wow auch bei dir sieht es sehr yummy aus!!

LG Wilma / Pane=Bistecca

Tina von Küchenmomente hat gesagt…

Spannend, Teig im Farbeimer anzusetzen...Auch deine Version des Schmorgerichtes hört sich super an. Da bekommt man wirklich Lust auf´s Nachkochen.
Liebe. Grüße
Tina

Vive la réduction! hat gesagt…

Noch jemand, der die gleiche Assoziation hatte. Ich bat meinen Mann auch beim Äthiopier, mir noch einen von den Spüllappen zu reichen :D
Super Ergebnis bei dir!