Samstag, 31. Juli 2010

kachingle und flattr - erfahrungen und überlegungen

zwei monate bei kachingle - und noch kachingle ich mich hier (anomyerweise) ausschließlich selbst. das hat dazu geführt, dass von meinen zweimal 5 dollar mittlerweile knapp über 1 dollar auf meinem eigenen konto gelandet sind, bzw. landen werden, denn noch habe ich die mindestsumme für eine auszahlung (3,35) noch nicht erreicht. meine zahlungen an andere blogs sind von durchschnittlich 1,67 im juni auf 0,83 in juli gesunken, die 5 dollar verteilen sich inzwischen einfach auf deutlich mehr seiten.

die zahl der kachinglebaren seiten ist auf 290 gestiegen. das ist gar nichts im vergleich zu den vielen hundert flattr einladungen, die auf zahlreichen blogs in den letzten wochen wie warme semmeln weggegangen sind. ich halte kachingle weiterhin für das sinnvollere system, aus mehreren gründen: es ist einfach. es ist transparent. die vorgegebenen 5 dollar entheben mich jeder entscheidung darüber, was mir netzinhalte oder social payment im netz wert sind. die zahlungsströme sind in jeder richtung öffentlich einsehbar, es kann aber trotzdem anonym kachinglet werden. das medaillon (der button) lässt sich leicht in die eigenen seiten integrieren. ich muss das medaillon auf seiten, die ich unterstützen möchte, nur ein einziges mal anklicken. ich unterstütze eine ganze seite oder einen bestimmten autor, aber nicht einzelne blogpostings. meine wertschätzung richtet sich an ein projekt/blog als ganzes, und soll nicht einzelne inhalte belohnen, nur weil dort z.b. mein lieblingsfeind durch den kakao gezogen wurde. diverse mit kachingle zwischenzeitlich ausgetauschte mails haben mir außerdem gezeigt, dass die leute dort kompetent, hilfsbereit und noch dazu rund um die uhr ansprechbar sind.

trotzdem gibt es auch kritische aspekte, die sowohl für flattr als auch für kachingle gelten, insbesondere wenn man an skaleneffekte denkt und wenn man sich fragt, ob nicht andere "lohnendere" finanzierungmodelle sinnvoller wären. bei beiden systemen verflacht der effekt gerade für kleinere blogs stark sobald starke teilnehmer an den start gehen. bei 50.000 besuchen sind dann auch kleine beträge viel geld. nützliche gedanken hat sich zu diesen fragen andreas griess gemacht.

republication: Von Tizian bis Tiepolo. Sonderausstellung Städel Frankfurt am Main

* exzellent

im detail:
**einführung: wie so viele präsentiert sich auch diese ausstellung klatschmohnrot. am eingang verdeckt eine zurückgesetzt freistehende wand (auch dies eine derzeit oftgewählte eingangssituation) zunächst den blick in den kleineren saal, der die graphiksammlung zeigt. ein großer einführungstext zu beginn beleuchtet vor allem auch die geschichte dieses sammlungsbestandes, zur rolle venedigs, gerade auch im vergleich zu florenz, woe die zeichnung noch eine weitaus bedeutsamere rolle spielt. weitere überblickstexte zur renaissance und zum rokoko.
**benutzerführung: das farbkonzept rot für renaissance und lila für rokoko erleichtert die orientierung, der renaissance-eingangstext weist den besucher in die richtige richtung. ausführliche texttafeln zu jeder zeichnung machen audioguide oder saalzettel überflüssig und erschließen die teils interpretationsbedürftigen werke auf kluge weise. manchmal ein bisschen zu klug.
**aufstellung/hängung: sehr gelungen, spiegelfrei, die klatschmohnwände sind ein bisschen 2004, das lila dagegen fast gewagt, glaubhaft rokokoesk, wenn auch zum farbklang der graubraunen werke manchmal unpassend.
**umfang: in einer dreiviertelstunde gut zu durchschreiten, nur ein saal mit einigen vitrinen u. stellwänden
**inhalte: zeichnungen hauptsächlich des 16. und 18. jahrhunderts, darunter zahlreiche kompositions- und detailstudien. einiges von geradezu erschreckend moderner anmutung, erinnert an den ersten stahlrohrsessel, der eigentlich ein polstersessel ohne polsterung war.
**hintergründe:funktion der zeichnung zwischen entwurfsskizze und autonomem kunstwerk, kürzliche erforschung des zeichnungsbestandes im städel
**architektur: n.a.
**extras: keine
**homepage: www.staedelmuseum.de/index.php?id=1268
**fazit: überraschend geglückte kabinettausstellung ohne muffige archivanmutung


ursprünglich hier veröffentlicht im november 2006

republication: Mainz, Gutenberg-Museum, Dauerausstellung

* einen besuch wert



im detail:
**einführung:die einführung besteht in einem etwa 15 minuten langen schwarz-weissen puppenfilm aus den 50ern - nach dem ersten schrecken über sprechduktus und anklingendes weltbild ist es ein niedlicher, detailverliebt nachgebauter film, immerhin mit zeitlich passender musik unterlegt. direkt anschliessend gibt es im untergeschoss eine vorführung einer druckerpresse, die recht disneymässig daherkommt, sich ganz offensichtlich an amerikaner richtet und genau genommen eigentlich auch ganz niedlich ist.

leider gibt es sonst keine einführung - aus der eingangshalle des museums steigt man eine treppe nach oben, der kleine raumplan an der wand ist nur schwer zu deuten, da zwei stockwerke in einem grundriss dargestellt werden und dann steht man schon mitten drin in der ausstellung - und das nicht unbedingt an dem punkt, an dem im nachhinein gesehen der logische anfang wäre.

**benutzerführung:
findet nicht statt, lediglich in der abteilung zu gutenbergs biographie gab es laminierte saalzettel, sonst nur sparsame (aber gute) beschriftung in den vitrinen, keine einführungstexte, keine audioguides kein plan o.ä.

**aufstellung/hängung:
drucke und handschriften in angenehm ausgeleuchteten vitrinen, die B42 im begehbaren tresor, druckerpressen und anderes mobiliar stehen frei, auf den vitrinen liegen zahlreiche nachbildungen der gezeigten technischen mittel zum anfassen, sehr schön!

**umfang:grösser und verwinkelter als es zunächst den anschein hat sollte man mindestens 1,5 stunden einplanen, wenn man den einen oder anderen text auch lesen will, kann man auch gut einen tag dort verbringen (gibt auch ein cafe...)

**inhalte:
vermittelt werden soll die geschichte des druckens, und zwar nicht nur die geschichte gutenbergs, sonder n aus einer globalen sicht. das ist sehr anschaulich mit vielen exponaten, gerade aus asien. leider findet man diesen historisch weit zurückreichenden teil der ausstellung erst am ende, genau wie auch viele technische details der farbherstellung etc erst im hinteren teil präsentiert werden, nachdem man schon voller unkenntnis an einigen zig folianten vorbeigeschlendert ist.

lobenswerter weise widmet sich das museum auch modernen phänomenen des druckens, wie z.b. dem zeitungsdruck

**architektur: das museum befindet sich in dem historischen (rekonstruierten) haus zum kaiser, sowie einem modernen anbau - von innen bemerkt man die historischen räume des kaisers kaum, allerdings ist die fassade prächtig. ansonsten funktional aber unauffällig.

**homepage: hässliche unübersichtliche homepage: www.gutenberg-museum.de

**fazit: für jeden grad des interesses interessant, je nachdem wird man sich eine stunde oder mehrere tage dort aufhalten.


urspünglich hier veröffentlicht im juli 2006

republication: Darmstadt, Museum Künstlerkolonie, Dauerausstellung

* einen besuch wert, wenn man sowieso in der nähe ist

im detail:
**einführung:eine chronologie der künstlerkolonie mathildenhöhe und der restauration des gebäudes dient im foyer als einführung, ist allerdings leicht zu übersehen. einen einführenden text gibts leider nicht.
**benutzerführung: eigentlich findet keine echte benutzerführung statt - man betritt das kleine museum im mittleren von drei räumen, zur linken sind dann die früheren, rechts die späteren ausstellungen der künstlerkolonie thematisiert. intuitiv würde man wohl nach rechts gehen, wird jedoch von der netten aufseherin dann in den linken raum geschickt.
**aufstellung/hängung: erfreulich viele exponate stehen auf flachen sockeln und podesten frei im raum. es wurde versucht, die räumlichen dimensionen der wohnräume, für die die ausgestellten möbel, keramiken und metallgegenstände konzipiert waren, nachzuempfinden. modelle bilden die siedlung in verschiedenen entwicklungsstufen ab.
**umfang:das museum ist eher klein und in 45 min kann man es gründlich betrachten. allerdings lohnt es nur im zusammenspiel mit den erhaltenen gebäuden ringsum, so dass man sich für einen besuch der mathildenhöhe insgesamt mind. 3 h zeit nehmen sollte.
**inhalte:die geschichte der künstlerkolonie mathildenhöhe, themen und bedingungen ihrer ausstellungen, aber auch das werk der beteiligten künstler sind thema dieses museums. ausgestellt werden vorwiegend einrichtungsgegenstände aus den künstlerhäusern und nach entwürfen der mathildenhöhen-künstlern produzierte gebrauchsgegenstände. jeder künstler wird kurz biographisch und mit seinem werk vorgestellt. leider wird die mathildenhöhe kaum im kontext ihrer zeit verankert. man würde auch gerne mehr über die nachnutzung der gebäude und die fortsetzung der bebauung nach dem ende der kolonie erfahren. so befindet sich am fusse des platanenhains ein wohnheimgebäude von ernst neufert aus den 50ern, das, vorbildlich restauriert, deutliche bauhauszitate aufweist (balkone, fensterrhythmus etc).
**hintergründe:leider geht die ausstellung an keine stelle wirklich in die tiefe. hier böten sich details zum stil, den verwendeten materialien, aber auch zu den politischen und wirtschaftlichen verhältnissen an
**architektur:das museum befindet sich in der rekonstruktion des atelier-gebäudes von joseph maria olbrich aus den 1980ern. obwohl schon damals die nutzung als museum feststand, wurde auch im innern des gebäudes die ursprüngliche kleinteilige raumfolge zumindest angedeutet.
**extras: die aufseher holen auf nachfrage handschuhe und öffnen schranktüren und schubladen. gleich nebenan im shop kann man zahlreiche der ausgestellten gebrauchsgegenstände erwerben (geschirrtücher, gläser, leuchter, haarspangen etc). ausserdem sehr schöne tüten!
**homepage: www.mathildenhoehe.info
**fazit:beim besuch der künstlerkolonie mathildenhöhe sollteman das museum nicht auslassen. gerade die modelle erleichtern das verständnis der gesamtanlage ungemein. kleines aber feines museum mit freundlichen mitarbeitern.


ursprünglich veröffentlicht im Mai 2006 hier

die weisheit der vielen und das wissen des einzelnen



während der blaubeerkuchen bäckt, sitze ich auf der terasse und lese in dem buch "die weisheit der vielen" von james surowiecki, das mir eine linuxbegeisterte praktikantein einmal geschenkt hat. in den letzten wochen hatte ich mich schon bis seite 90 vorgearbeitet, teils amüsiert wegen der geschilderten beispiele, teils genervt, weil die deutsche übersetzung mich penetrant an die lektüre von "das bester aus reader's digest" erinnert, das meine großmutter als wc-lektüre bereithielt, als ich ein kind war. großäugig klebten deren sätze am amerikanischen original, pressten den englischen satzbau ungerührt in seltsame deutsche satzkonstruktionen und benutzten, lexikalisch wenig treffsicher, eigenartige worte, um im grunde banale sachverhalte wiederzugeben.

in seinem buch beschreibt surowiecki nicht nur die weisheit der vielen sondern auch deren grenzen, z.b. bei unkritischer übernahme von informationen. just im fraglichen kapitel ist auch der übersetzer, gerhard beckmann, in diese falle gegangen (s. 97):"dafür bietet eines der zuvor bereits erwähnten klassenzimmer-experimente einen interessanten beleg. es wurde von den ökonomen angela hung und cherles plott im rückgriff auf eine uralte übung entwickelt, in der schüler farbige kugeln von einer vase abzeichnen." vor meinem geistigen auge erscheint eine griechische vase mit kugeldeko, die von eifrigen schülern abgezeichnet werden. aber worin besteht nun das experiment?

das buch fährt fort "hier gab es nun zwei vasen. die vase a enthielt doppelt so viele weisse kugeln wie schwarze; bei vase b lag das verhältnis umgekehrt. zu beginn wählten die experimentatoren eine der beiden vasen aus, von der dann jeweils ein freiwilliger nach dem anderen eine kugel abzeichnete. die von allen teilnehmern am experiment zu beantwortende frage lautete: welche der beiden vasen hatte modell gestanden? als preis waren zwei dollar ausgesetzt." die spinnen die amerikaner, mag man denken, jedes schuljahr wieder (uraltes klassenzimmer-experiment) setzen sich die schüler vor vasen, entnehmen ihnen kugeln und zeichnen diese ab. danach wird geraten, aus welcher vase die kugel stammt. hääää? "den teilnehmern standen zur beantwortung dieser frage zwei informationsquellen zur verfügung. da war zunächst einmal die kugel, die jeder für sich vorher abgezeichnet hatte. hatte jemand eine weiße kugel abgezeichnet, stand es zwei zu eins, dass sie von vase a, hatte er eine schwarze gezeichnet, dass sie von vase b stammte."

dem übersetzer stand hier offensichtlich nur eine informationsquelle zur vefügung: ein schwachbrüstiges wörterbuch, das für das englische "to draw" nur die übersetzung "zeichnen" kennt. daraufhin wurde gerhard beckmann zum experimentator und griff auf die uralte übung zurück, sätze, die nicht passen, passend zu machen. so stehen hier plötzlich vasen modell und werden gemälde schwarzer kugeln verglichen.

für mich ein grund, das buch nun lieber ins regal zurückzustellen und auf weitere weisheiten zu verzichten. das glück ist ja ohnehin bei den dummen. da warte ich lieber auf die heutige zeichnung der lottozahlen.

Sonntag, 18. Juli 2010

kachingle und flattr - bestandsaufnahme und perspektiven

ein lesenswerter beitrag von jörg eisfeld-reschke auf ikosom.de

blog warming post

neues blog, neues glück.

die alten beiträge ziehe ich auch noch hierher um, dauert aber noch ein wenig.

grund des umzugs ist in wirklichkeit kachingle. zu bewundern rechts von hier. und eigentlich geht es mir nicht unbedingt darum, mit diesem blog geld zu verdienen, sondern eher darum, micrpayment-modelle für paid content im internet bekannter zu machen und auszuprobieren.

deshalb habe ich mich vor einigen wochen bei kachingle angemeldet. ein freund meinte dazu, so ein blöder name könne nur deutschen einfallen. aber weit gefehlt. kachingle ist ein kunstwort, gebildet aus "kaching!!" und "jingle". letzteres ist das mit den bells an weihnachten und "kaching!!" ist das, was amerikanische kinder rufen, wenn sie kaufmannsladen spielen und am ende kassiert wird.

kachingle wurde gegründet von cynthia typaldo (interview mit der kachingle-gründerin auf golem.de), einer netten älteren dame mit hund, und erfreut sich lustigerweise in deutschland ganz besonderer beliebtheit. neben dem hohen maß an gegenseitigem vertrauen in deutschland, dass auch für das besonders gute funktionieren von ebay hierzulande sorgt, dürfte die anhaltende debatte über refinanzierungsmöglichkeiten für internetinhalte ein grund sein. neben kachingle gibt es mit flattr sogar bereits ein konkurrenzprojekt, das zu beobachten sich ebenfalls lohnt.

die anmeldung bei kachingle geht mit der überweisung von 5 $ per paypal an kachingle einher, die sich danach monatlich wiederholen wird. blogs, die an kachingle teilnehmen und die ich unterstützen will, kann ich dort einmal auswählen. ein cookie misst von da an, wie oft ich die unterstützen blogs aufrufe und verteilt dann 85% meiner 5$ im verhältnis der seitenaufrufe an diese blogs.

und wenn man sich schon anmeldet, um andere zu unterstützen, liegt es natürlich nahe, sich auch selbst unterstützen zu lassen. einerseits sieht man dann, ob und wie es funktioniert, andererseits könnte ja sein, es gibt jemand, der gerne mitliest und mir ab und zu ein paar cent gönnt. gesagt getan, ab jetzt wurde es kompliziert - was nicht an kachingle lag. unter anderem aus gründen der einfachheit hatte ich mich für kachingle statt für flattr entschieden (fester betrag, kein ständiges anklicken einzelner beiträge).

allerdings stellte sich mein bloghoster als widget-misstrauisch heraus: das kachingle-medaillon, jetzt rechts zu bewundern, verwandelte sich nur in wirren codewelsh. einige emaildialoge mit den eifrigen kachingle-mitarbeitern später war klar: es muss ein anderer bloghost her, oder es wird nichts. damit es was wird, bin ich jetzt hier gelandet. ob und was es mir einbringt, wird berichtet werden. (btw. trotz nicht funktionierendem medaillon habe ich für den monat juni bereits 57 cent bekommen, ich vermute, das ist auf die textaktivitäten der kachingler zurückzuführen, den auf meinem blog, hat es bisher nie funktioniert).